Vor einiger Zeit schon im Jahr 2021 wurde über sogenannte Schatten-Webseiten im Zusammenhang mit der Lieferdienst-Plattform Lieferando berichtet. Demnach habe Lieferando allein in Deutschland etwa 50.000 Domains registriert, die ähnlich zu den eigentlichen Internetauftritten der Restaurants sind. Über diese Domains kann die Plattform Nutzer auf seine Dienste ziehen. Die Folgen für die angeschlossenen Restaurants sind:
- die Bestellgeschäfte werden mehr über die Plattform abgewickelt, was zu Provisionsansprüchen führt
- im Suchmaschinen-Ranking fallen die eigenen Internetauftritte zunehmend schlechter aus
Der Kunde wird also vermehrt auf die Plattform gezogen und gelangt seltener auf die eigene Restaurant-Präsenz.
Digitale Plattformen und Verdrängungsmissbrauch
Wo liegt das kartellrechtliche Problem? Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Plattform bietet neben den eigenen Vermittlungsleistungen auch eine Web-Präsenz an. Wäre dies für die Restaurants optional und freiwillig, so wäre das auch unbedenklich.
Ein Verdrängungsmissbrauch liegt aber nahe, wenn die ursprüngliche Vermittlungsleistung unfreiwillig oder unwissend zu einer eigenen Vertriebsleistung umgewandelt wird und die Plattform dabei mehr Kontrolle über die Kundenbeziehung erlangt. Verstärkt wird dies noch, wenn sich die Plattform das Geschäftsmodell des eigentlichen Vermittlungskunden aneignet. Das wäre der Fall, wenn keine Ausweichmöglichkeit mehr besteht.
Aus der Marktstellung eines Unternehmens kann eine besondere Verantwortung für den Restwettbewerb folgen. Diese steigt im Verhältnis mit der Marktmacht. Daraus kann sich auch ein Rücksichtnahmegebot bei Tätigkeiten auf anderen oder Eintritten in andere Märkte ergeben. Je mehr Marktmacht, desto mehr Verantwortung und desto mehr Rücksichtnahme – auf den Wettbewerb. Mehr dazu kann man in meiner Doktorarbeit ab den Seiten 293 ff. lesen.