VG Köln erneut zu Anforderungen des Antrags auf offenen Netzzugang nach § 155 TKG

Die­sen Som­mer hat sich das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln erneut zum Antrag auf offe­nen Netz­zu­gang geäu­ßert. Die Ent­schei­dung erging im vor­läu­fi­gen Rechts­schutz gegen eine Ent­schei­dung der Bun­des­netz­agen­tur im Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren (Akten­zei­chen 1 L 372/24). Das Gericht sieht hier schon kei­nen aus­rei­chen­den Antrag des Nach­fra­gers im vor­be­hörd­li­chen bila­te­ra­len Verhandlungsverfahren.

Der spä­te­re Antrag­stel­ler des Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens hat­te sich an die Antrags­geg­ne­rin mit der Bit­te gewandt, in einem bestimm­ten Gebiet zunächst Infor­ma­tio­nen über die öffent­lich geför­der­te Infra­struk­tur bereit­zu­stel­len. Anschlie­ßend woll­te er auf­bau­end auf die­sen Infor­ma­tio­nen einen offe­nen Netz­zu­gang nach § 155 TKG zu den öffent­lich geför­der­ten Net­zen ver­lan­gen. Da es nicht zu einer Eini­gung kam, rief der Antrag­stel­ler die Bun­des­netz­agen­tur an und begehr­te den Erlass einer ver­bind­li­chen Ent­schei­dung, den die­se im Anschluss auch erließ.

Die För­der­be­din­gun­gen sehen eben­so wie § 155 TKG zunächst vor, dass der Betrei­ber der geför­der­ten Net­ze Nach­fra­gern den offe­nen Netz­zu­gang zu wett­be­werb­li­chen Bedin­gun­gen gewährt. Dane­ben und sepa­rat regeln die För­der­be­din­gun­gen einen soge­nann­ten för­der­recht­li­chen Infor­ma­ti­ons­an­spruch. Die­ser steht sys­te­ma­tisch neben der Pflicht zur Gewäh­rung des offe­nen Netz­zu­gangs. Er ist nicht direkt als sol­ches im Wege des Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens vor der BNetzA einbringbar.

Die­ses Ver­hält­nis zwi­schen dem Anspruch auf offe­nen Netz­zu­gang zu geför­der­ten Net­zen einer­seits und dem eigen­stän­di­gen för­der­recht­li­chen Infor­ma­ti­ons­an­spruch ande­rer­seits ver­ur­sach­te nun­mehr auch in der vor­lie­gen­den Ent­schei­dung Pro­ble­me. Der för­der­recht­li­che Infor­ma­ti­ons­an­spruch müs­se eigen­stän­dig durch­ge­setzt wer­den, so das Ver­wal­tungs­ge­richt, ohne dabei einen kon­kre­ten Weg zu benen­nen. Der Weg des Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens sei der­zeit noch nicht eröff­net. — Dies kann sich dann aber wie­der­um ändern, soll­te der deut­sche Gesetz­ge­ber an sei­nen der­zei­ti­gen Plä­nen für eine Aus­wei­tung des Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens festhalten.

Auf­grund die­ses Ver­hält­nis­ses zwi­schen den bei­den Ansprü­chen sieht das Ver­wal­tungs­ge­richt auch kei­nen aus­rei­chen­den Antrag im vor­he­ri­gen bila­te­ra­len Ver­hand­lungs­ver­fah­ren. Ein sol­cher müss­te so aus­ge­stal­tet sein, dass der Ver­pflich­te­te in die Lage ver­setzt wird, unmit­tel­bar ein Ange­bot zu erstel­len, das die wesent­li­chen Ver­trags­be­stand­tei­le ent­hält. Dies set­ze begriff­lich schon einen gewis­sen Grad der Kon­kre­ti­sie­rung vor­aus. Der Antrag hier war aber noch nicht kon­kre­ti­siert und zudem von der erst noch erhal­te­nen Infor­ma­ti­on abhän­gig gemacht wor­den. Sys­te­ma­tisch sei er hier also erst nach der erfolg­rei­chen Infor­ma­ti­ons­er­tei­lung gestellt wor­den, so das Gericht.

Für die Pra­xis kann die­se Ent­schei­dung ver­schie­de­ne Fol­gen haben: Ein Antrag soll­te zunächst mög­lichst kon­kret und bestimmt sein. Er soll­te zudem nicht bedingt sein oder den Anschein erwe­cken, dass er erst zukünf­tig gestellt wür­de. Das Begeh­ren soll­te so deut­lich for­mu­liert sein, dass der Antrags­geg­ne­rin in der Lage ist, ein Ange­bot auf Ver­trags­ab­schluss im pri­vat­recht­li­chen Sin­ne zu unter­brei­ten. Da ein sol­ches die soge­nann­ten essen­ti­alia nego­tii ent­hal­ten muss, muss der Antrag­stel­ler hier schon auf mög­lichst voll­stän­di­ge und umfas­sen­de Infor­ma­tio­nen hin­wir­ken. Das kann sach­lich aber die Nach­fra­ge nach ver­schie­de­nen Vor­leis­tun­gen umfassen.

Es wäre auch nicht aus­ge­schlos­sen, einen die­sen Anfor­de­run­gen genü­gen­den Antrag zu stel­len, wenn eini­ge abschlie­ßen­de Infor­ma­tio­nen bis­lang noch feh­len oder strei­tig sind. Zwar darf ein ver­pflich­te­tes Unter­neh­men nicht dazu ver­pflich­tet wer­den, einen Netz­zu­gang zu gewäh­ren, der ihm über­haupt nicht mög­lich ist. Die­sen Ein­wand kann es aber ohne wei­te­res dadurch gel­tend machen, dass es ein Ange­bot über einen nach­ge­frag­ten Antrag teil­wei­se nicht unter­brei­tet, zu die­sem Antrag Stel­lung nimmt oder schlicht einen Vor­be­halt der Ver­füg­bar­keit auf­nimmt. Die­se Ver­füg­bar­keit kann ein Antrag auf offe­nen Netz­zu­gang jedoch eben­so schon zum Gegen­stand machen. Und schließ­lich wäre der Ein­wand der nicht aus­rei­chen­den Infor­ma­tio­nen miss­bräuch­lich, da der Ver­pflich­te­te zum einen wegen des för­der­recht­li­chen Infor­ma­ti­ons­an­spruchs zu ihrer Ertei­lung ver­pflich­tet ist und zum ande­ren sich ein die­sem ent­ge­gen­ste­hen­der Zwangs­li­zenz­ein­wand im Zusam­men­hang mit dem Markt­macht­miss­brauchs­ver­bot ergibt.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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