Letzte Woche wurde ein Referentenentwurf für ein Data-Act-Durchführungsgesetz veröffentlich. Er enthält auch Regelungen zur behördlichen Durchsetzung. Hier eine erste Gedankensammlung dazu.
In welchem Zusammenhang steht der Vorschlag?
Der kurz genannte Data Act wird weitgehend ab dem 12.9.2025 gelten. In der amtlichen Sammlung der EU ist er betitelt mit Verordnung (EU) 2023/2854 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2023 über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie (EU) 2020/1828 (Datenverordnung). Er ist am 11.1.2024 in Kraft getreten. Als Verordnung ist er unmittelbar bindend. Das bedeutet auch, dass unmittelbare Ansprüche direkt auf den Data Act gestützt werden können.
Der Data Act belässt allerdings auch einige Spielräume bei den Mitgliedstaaten. Hervor sticht dabei die Benennung und Ausstattung zuständiger Behörden. Gemäß Art. 37 Abs. 1 Data Act muss jeder Mitgliedstaat die zuständigen Behörden benennen, wobei auch eine einzige möglich ist. Weiterhin werden die Aufgaben und Befugnisse der Behörde vorgegeben. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch eine derartige zuständige Behörde erst noch ausstatten.
Wie soll der Data Act durchgesetzt werden?
BNetzA als zuständige Behörde
Zuständige Behörde für soll die Bundesnetzagentur werden. Als Datenschutzbehörde wird die Bundesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit eingesetzt. Diese unterstützt die BNetzA bei der Aufgabenerfüllung in allen Fragen des Datenschutzes und soll auf eine rasche und kohärente Entscheidungsfindung hinwirken.
Weitere Vorgaben an die Mitgliedstaaten zu Aufgaben und Befugnissen der zuständigen Behörde macht Art. 37 Abs. 5 Data Act. Für die öffentliche Durchsetzung macht Buchstabe b) Vorgaben:
- Bearbeitung von Beschwerden über mutmaßliche Verstöße gegen den Data Act
- Angemessene Untersuchung des Beschwerdegegenstands
- Regelmäßige Unterichtung des Beschwerdeführers innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung
Die Mitgliedstaaten müssen gemäß Art. 37 Abs. 9 Data Act dafür sorgen, dass die jeweilige zuständige Behörde personell und technisch mit ausreichenden Mitteln und einschlägigem Fachwissen zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausgestattet sind.
Gemäß Art. 38 Abs. 3 S. 1 Data Act arbeiten die zuständigen Behörden zusammen, um Beschwerden wirksam und fristgemäß zu bearbeiten und zu lösen.
Durchsetzung von Verpflichtungen des Data Act
§ 7 DA-RefE schreibt die Aufgaben der BNetzA vor: Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen des Data Act und seine Durchsetzung. Dabei handelt sie von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde. Regelmäßig werden Verfahren aufgrund einer Beschwerde eingeleitet, wobei der Beschwerdeführer Beteiligter an dem Verfahren ist. Gemäß § 7 Abs. 3 DA-RefE muss die BNetzA den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist unterrichten über
- wesentliche Verfahrensschritte
- Fortgang der Untersuchung
- Ergebnis der Untersuchung
- Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung
- Notwendigkeit einer Abstimmung mit einer weiteren Behörde
Es gilt für sie der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Behörde muss also den Sachverhalt umfassend und mit allen relevanten Umständen ermitteln. Sie darf sich dabei insbesondere nicht allein auf den Vortrag des Beschwerdeführers beschränken.
Stellt die BNetzA einen Verstoß gegen den Data Act fest, so ist sie gemäß § 7 Abs. 4 DA-RefE zum Erlass eines Abhilfeverlangens befugt. Dafür setzt sie dem Adressaten eine angemessene Frist zur Stellungnahme. Ein derartiges Abhilfeverlangen kann nicht selbstständig angefochten werden, sondern nur gleichzeitig mit einer Abstellungsanordnung.
Eine Abstellungsanordnung kann die BNetzA erlassen, wenn dem Abhilfeverlangen nicht nachgekommen wurde. auch hierbei ist eine angemessene Frist zur Umsetzung zu setzen.
§ 7 Abs. 6 DA-RefE sieht die Möglichkeit zur förmlichen Feststellung einer Zuwiderhandlung vor, auch wenn diese bereits beendet ist. Dafür muss ein berechtigtes Interesse bestehen. Ein solches dürfte regelmäßg vorliegen, wenn der Beschwerdeführer anschließend Schadensersatz begehrt. Denkbar wäre etwa ein Anspruch wegen nicht FRAND-konformem B2B-Zugang. Es bestehen dabei Parallelen zum kartellrechtlichen Follow-on-Schadensersatzanspruch.
Musterverfahren
Es kann vorkommen, dass eine Streitfrage in mehreren Beschwerdeverfahren gleichzeitig relevant wird. In diesem Fall soll die BNetzA gemäß § 7 Abs. 7 DA-RefE die Befugnis erhalten, von diesen Beschwerdeverfahren eines vorrangig durchzuführen und die Streitfrage dort zu klären. Die anderen Verfahren kann sie während dessen aussetzen.
Hierzu sind die Beteiligten vorher anzuhören. Dies dient dem Interessenschutz. Denn es könnte durchaus sein, dass ein Beschwerdeverfahren besonders wirtschaftlich relevant ist und dem Beschwerdeführer bei einem Aussetzen ein Nachteil widerfährt. Die BNetzA trifft hierbei ein Entschließungs- und Auswahlermessen, das gerichtlich überprüfbar ist. Sofern eine Verfahrensaussetzung unrechtmäßig erfolgt, könnte ein Beschwerdeführer Untätigkeitsklage erheben.
Zulassung von Streitbeilegungsstellen
Gemäß Art. 10 Abs. 5 Data Act werden die Streitbeilegungsstellen durch den jeweiligen Mitgliedstaat zertifiziert. Es soll also keine rein private Streitbeilegung geben. Es wird also ein eigenes Zulassungsverfahren für die Streitbeilegungsstellen geben.
Gemäß § 5 DA-RefE kann die Zulassung einer derartigen Streitbeilegungsstelle mit Nebenbestimmungen und Auflagen versehen werden. Diese müssen erforderlich sein, um eine Erfüllung der Gewährleistungen des Data Act zu gewährleisten. Insbesondere kann die Zulassung im Hinblick auf die Fachkenntnis beschränkt werden. Praktisch denkbar sind dabei etwas Streitbeilegungsstellen, die lediglich einzelne Gegenstände aus dem Data Act beilegen. So könnten sie sich etwa auf die B2C-Bedingungen oder auch auf die B2B-Bedingungen beschränken.
Sofern ein Streitbeilegungsverfahren begonnen oder abgeschlossen wird, sind die BNetzA und die BfDI zu informieren. Auf deren Verlangen hin hat die Streitbeilegungsstelle sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Das schließt jeweils personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ein, die dann von den beiden Behörden im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse verarbeitet werden.
Kein Datenkoordinatur
Einen Datenkoordinator gemäß Art. 37 Abs. 2 Data Act sieht der Referentenentwurf als nicht erforderlich, da lediglich eine einzige Behörde zuständig sein soll.
BNetzA als Amicus Curiae
§ 17 DA-RefE verweist auf § 90 Abs. 1 und Abs. 2 GWB. Danach müssen deutsche Gerichte zunächst den Präsidenten der BNetzA unterrichten, wenn bei ihnen ein Rechtsstreit vorliegt, dessen Entscheidung auch teilweise von der Anwendung des Data Act abhängt. Das jeweilige Gericht muss dann auf Verlangen der BNetzA Abschriften von allen Schriftsätzen, Protokollen, Verfügungen und Entscheidungen übersenden.
Weiterhin kann sich die BNetzA als sogenannter Amicus Curiae an dem gerichtlichen Verfahren beteiligen, wenn es selbst dies zur Wahrung des öffentlichen Interesses als angemessen erachtet. Sie kann durch einen Vertreter dem Gericht schriftliche Erklärungen abgeben, auf Tatsachen und Beweismittel hinweisen, den Terminen beiwohnen, dabei Ausführungen machen und selbst Fragen an Parteien, Zeugen und Sachverständige richten. Das Gericht muss die schriftlichen Erklärungen den Parteien mitteilen.