Vor einigen Wochen hat der Kollege Oliver Löffel eine sehr spannende Diskussion gestartet, die sich mit dem Thema Entschwärzen von PDF beschäftigt.
Es geht um folgende Konstellation: eine Partei in einem gerichtlichen Verfahren übersendet zur Akteneinsicht Unterlagen, die vom Gericht an die andere Partei bereitgestellt werden. Es handelt sich um PDF-Dateien mit Text. Einige Textpassagen sind dabei sichtbar mit schwarzen Blöcken überlegt. Bei der Sichtung der Dateien fällt der anderen Partei auf, dass die Textpassagen lediglich sichtbar mit schwarzen Blöcken überdeckt sind, der darunter liegende Text sich per Copy-Paste aber sichtbar machen lässt. So kann etwa der gesamte Inhalt einfach markiert, kopiert und etwa in einem herkömmlichen Textdokument eingefügt werden. Der eingefügte Text ist dann vollständig lesbar, auch mit den vorher schwarz überdeckten Passagen. Die Informationen wurden also technisch nicht hinreichend geschwärzt. Die Empfängerpartei verwendet die auf diese Weise erhaltenen Informationen für ihre Zwecke.
Gibt es hierbei ein rechtliches Problem? Stellt das Vorgehen sogar einen Rechtsbruch dar? Mehr noch, könnte die übersendende Partei Ansprüche geltend machen? Diese Fragen stellten sich in der Diskussion auf LinkedIn. Auch in einem von mir mitbetreuten Verfahren behauptete eine anwaltlich vertretene Gegenseite unserer Mandantin “fragwürdige Methoden und Fähigkeiten”.
Werden Unterlagen bei einer Akteneinsicht bereitgestellt, so wird dem Empfänger durch das Gericht die rechtmäßige Kontrolle über sämtliche enthaltene Informationen übertragen. Es besteht dann keine Kontrolle mehr eines möglichen Inhabers von Geschäftsgeheimnissen. Zudem hat der Empfänger bei einer Akteneinsicht alle enthaltenen Informationen rechtmäßig erlangt. Die Bereitstellung von Unterlagen selbst zum Zweck der Ermöglichung einer Akteneinsicht stellt damit ein erhebliches Risiko dar. Möchte der bisherige Inhaber Informationen vor einer Einsicht schützen, so musss er sich selbst um eine angemessene Sicherungsmaßnahme kümmern. Ein bloßes Darüberlegen von schwarzen Balken reicht nicht, sondern er muss Sorge dafür tragen, dass die Informationen in derartigen Dateien überhaupt nicht mehr enthalten sind. Dies stellt auch ein erhebliches Risiko für Rechtsanwält:innen dar, die Informationen in Unterlagen schwärzen sollen.
Selbst wenn man aber eine Art von Sicherungsmaßnahme annehmen wollte, so kann sich ein Empfänger auch auf ein berechtigtes Interesse berufen — gerade in gerichtlichen Prozessen. Denn der Empfänger könnte die Informationen zur Verfolgung von Rechtsverstößen verwenden. Zudem muss er die Einhaltung der prozessualen Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO prüfen. Spiegelbildlich besteht damit also auch ein Haftungsrisiko für Rechtsanwält:innen auf der Empfängerseite, wenn sie die unzureichend geschwärzten Informationen nicht zugunsten ihrer Mandantin nutzen.