Der kommende Art. 6 Abs. 9 DMA enthält Regeln mit einem Bezug zur Datenübertragbarkeit. Hier die Vorschrift einmal im Volltext zur besseren Verständlichkeit:
“Der Torwächter ermöglicht Endnutzern und von ihnen beauftragten Dritten auf ihren Antrag hin kostenlos die effektive Übertragbarkeit der Daten, die vom Endnutzer bereitgestellt oder durch die Tätigkeit des Endnutzers im Zusammenhang mit der Nutzung des betreffenden zentralen Plattformdienstes generiert werden, auch indem kostenlos Instrumente bereitgestellt werden, die die effektive Nutzung dieser Datenübertragbarkeit erleichtern, und indem unter anderem ein permanenter Echtzeitzugang zu diesen Daten gewährleistet wird.”
Art. 6 Abs. DMA
Zweck der Vorschrift
Diese Vorschrift soll die Regelungen zur Datenübertragbarkeit nach Art. 20 DSGVO ergänzen. Dort handelt es sich lediglich um ein Betroffenenrecht ohne unmittelbaren Wettbewerbsbezug. Die Auswirkungen auf die Marktstellung einer Plattform oder gar ihre Bestreitbarkeit sind dort bestenfalls Nebeneffekte. Ebenso waren einzelne Aspekte hinsichtlich der Umstände der Datenübertragbarkeit noch offen.
Dies soll nun der Art. 6 Abs. 9 DMA ausgleichen, der mehr auf den Datenvorsprung abzielt. Durch einen erleichterten und effektiveren Zugang soll auch die Bestreitbarkeit des Torwächters und das Innovationspotenzial des digitalen Sektors verbessert werden. Nach Erwägungsgrund 59 hat dabei vor allem der Echtzeitzugang des Endnutzers eine hohe Bedeutung.
Übersicht über die Vorschrift
Art. 6 Abs. 9 DMA umfasst einen eigenen Datenzugang des Endnutzers. Gewerbliche Nutzer sind nicht erfasst. Deren Zugang zu Daten richtet sich nach anderen Vorschriften des DMA, zukünftig nach dem Data Act sowie den allgemeinen kartellrechtlichen Vorschriften und ergänzend sektorspezifischen Anspruchsgrundlagen.
Anders als bei Art. 20 DSGVO sollen die Endnutzer nicht allein die sie betreffenden personenbezogenen Daten erhalten. Umfasst sind alle Daten, die vom Endnutzer bereitgestellt werden oder durch seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Nutzung des betreffenden zentralen Plattformdienstes generiert werden. Das geht über die personenbezogenen Daten hinaus und kann etwa sachbezogene Daten mit Bezug zu Drittnutzungen (z.B. einer angebundenen Maschine) oder Nutzungsdaten der Plattform selbst umfassen.
Die effektive Datenübertragbarkeit umfasst aufgrund der Klarstellung am Ende der Vorschrift auch den permanenten Echtzeitzugang des Endnutzers zu den genannten Daten. Im Art. 20 DSGVO lautet es lediglich, die betroffene Person solle die Daten „erhalten“, was auch die Übersendung einer Datei umfassen kann. Der permanente Echtzeitzugang umfasst dabei einen unmittelbaren und direkten Zugang auf dem Plattformdienst. Dies geht auch aus den Sätzen 3 und 4 zum Erwägungsgrund 59 hervor:
“Die Daten sollten in einem Format bereitgestellt werden, auf das unmittelbar und wirksam zugegriffen werden kann und das vom Endnutzer oder dem betreffenden vom Endnutzer bevollmächtigten Dritten, auf den die Daten übertragen werden, verwendet werden kann. Die Torwächter sollten auch durch geeignete und hochwertige technische Maßnahmen wie Anwendungsprogrammierschnittstellen sicherstellen, dass Endnutzer oder von Endnutzern bevollmächtigte Dritte die Daten unbeschränkt kontinuierlich und in Echtzeit übertragen können.”
Erwägungsgrund 59 DMA
Der Zugang hat für den Endnutzer kostenlos zu erfolgen. Dieser Wortlaut schließt grundsätzlich nicht aus, dass die Plattform weitere Monetarisierungsstrategien verfolgt. Denn immerhin geht die Vorschrift davon aus, dass der Endnutzer weiterhin Kunde des zentralen Plattformdienstes bleiben könnte. Allerdings darf der Effektivitätsgrundsatz hierbei nicht beschränkt werden.
Besonders wichtig wird der Effektivitätsgrundsatz bei den Details der Datenübertragbarkeit. Denn die Vorschrift nennt kein strukturiertes, gängiges und maschinenlesbares Format wie etwa Art. 20 DSGVO. Dies richtet sich nach einem Marktstandard aus, der bei Art. 6 Abs. 9 DMA aber nicht erforderlich ist. Vielmehr müsste der Torwächter jeden abgefragten Datenzugang im Rahmen effektiver Datenübertragbarkeit ermöglichen und dafür die erforderlichen Mitwirkungen oder Beistellungen kostenlos erbringen. Effektivität richtet sich hierbei nach der – jeweils konkret-individuellen – Nutzersicht. Sobald es hierbei nicht mehr um Datenübertragbarkeit geht, darf der Torwächter seine Mitwirkung verweigern.
Der Zugang hat auf Antrag zu erfolgen. Das bedeutet im Umkehrschluss die Erleichterung für den Torwächter, dass er nicht jeden Zugang stets by default bereit halten muss. Sobald aber ein Antrag seitens eines Nutzers oder eines von ihm beauftragten Dritten eingeht, muss der Torwächter die zur effektiven Datenübertragbarkeit erforderlichen Mitwirkungshandlungen und Beistellungen vollumfänglich erbringen.