Vor kur­zem hat­ten wir über das Impuls­pa­pier der Bun­des­netz­agen­tur zur Kuper-Glas-Migra­ti­on berich­tet. Die­ses gibt eine Über­sicht über die in die­sem Zusam­men­hang ste­hen­den Fra­gen und bit­tet um öffent­li­che Beteiligung. 

Das Papier dis­ku­tiert aber auch die Fra­ge nach der Ver­tei­lung der Migra­ti­ons­kos­ten. Hier­aus kön­nen sich Fol­ge­fra­gen stel­len, etwa wenn für Zugangs­nach­fra­ger wei­te­re Kos­ten ent­ste­hen oder sich ent­spre­chend ver­rin­ger­te Kos­ten auf Ent­gelt­ge­neh­mi­gun­gen auswirken. 

Die BNetzA hat hier­bei fol­gen­de Grund­sät­ze, von denen Ein­zel­fall­ent­schei­dun­gen gelei­tet wer­den könnten:

  1. Ver­ur­sa­cher­prin­zip: Die Kos­ten trägt grund­sätz­lich, wer die Migra­ti­on initiiert.
  2. Kom­pen­sa­ti­ons­prin­zip: Die Zugangs­nach­fra­ger wer­den für soge­nann­te ech­te gestran­de­te Inves­ti­tio­nen ent­schä­digt. Das sind sol­che, die infol­ge der Abschal­tung zu einer voll­stän­di­gen Ent­wer­tung der Inves­ti­ti­on füh­ren. Das sind also Inves­ti­tio­nen in die vor­he­ri­ge Infra­struk­tur. Die BNetzA grenzt hier­bei unech­te Inves­ti­tio­nen ab, bei denen die Ent­wer­tung der Inves­ti­ti­on nicht unmit­tel­bar durch die Abschal­tung ver­ur­sacht wird. Dar­un­ter fal­len nach ihrer Betrach­tung betriebs­wirt­schaft­li­che Opti­mie­run­gen der Wettbewerber.
  3. Vor­teils­prin­zip: Einen Kos­ten­an­teil trägt, wer lang­fris­tig von der Abschal­tung des Kup­fer­net­zes profitiert. 
  4. Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prin­zip: Die Kos­ten müs­sen in einem ange­mes­se­nen Ver­hält­nis zu dem Nut­zen stehen.

Die BNetzA iden­ti­fi­ziert dabei auch schon ers­te mög­li­che Migra­ti­ons­kos­ten bei vier ver­schie­de­nen Stakeholdern:

1. Telekom als Kupfernetzbetreiberin

  • Ent­wick­lung eines Abschal­te- bzw. Migra­ti­ons­plans für das Abschal­te­ge­biet oder ggf. die Abschal­te­ge­bie­te in Bezug auf Who­le­sa­le und Retail (Pro­zess­ent­wick­lung, Umset­zung des Ände­rungs­be­darfs für die
    Kup­fer­ver­trä­ge, Prü­fung des Alter­na­tiv­pro­dukts und ggfs. des­sen Vereinbarung)
  • Anzei­ge nach § 34 TKG inklu­si­ve der Vor­la­ge geän­der­ter Stan­dard­an­ge­bo­te und der Beglei­tung wei­te­rer
    Ver­fah­ren wie z. B. zum (Teil-)Widerruf der Regulierungsverfügungen
  • Anpas­sung der Zugangs­ver­trä­ge und der ver­wen­de­ten IT und Schnitt­stel­len (inklu­si­ve WITA)
  • Umstel­lung / Kün­di­gung der End­kun­den­ver­trä­ge (ver­trag­li­che und tat­säch­li­che Umsetzung)
  • Durch­füh­rung der Migra­ti­on, begin­nend mit dem Daten­ab­gleich der Ein­zel­leis­tun­gen (HVt-/KVz-TAL,
    Bit­strom­an­schluss, CFV), Koor­di­nie­rung der Migra­ti­on oder Kün­di­gung der Ein­zel­leis­tung, Abschal­tung der
    Ein­zel­leis­tun­gen
  • Ggfs. Rück­bau der Kollokation
  • Ggfs. Rück­bau des Kup­fer­net­zes ein­schließ­lich der nicht mehr genutz­ten akti­ven Technik
  • Ggfs. Rest­wert­ab­schrei­bun­gen der Kupferinfrastruktur

2. Aufnehmender Zielnetzbetreiber

  • Ggf. not­wen­di­ge Ent­wick­lung und Ver­ein­ba­rung zusätz­li­cher – über das regu­lä­re Who­le­sa­le-Ange­bot hin­aus­ge­hen­der – alter­na­ti­ver Zugangs­pro­duk­te (z. B. Erwei­te­rung des Port­fo­li­os um Lay­er 2- oder Lay­er 3 Bit­strom-Pro­duk­te, ent­bün­del­te Zugangs­pro­duk­te oder spe­zi­el­le hoch­qua­li­ta­ti­ve Geschäfts­kun­den­pro­duk­te; für den Fall, dass die Tele­kom der auf­neh­men­de Netz­be­trei­ber ist, ggfs. auch der Auf­wand für die Ände­rung der rele­van­ten Standardangebote)
  • Bereit­stel­lung der Anschlüs­se für die Migra­ti­on (Aus­bau der akti­ven Tech­nik, Schal­tung der Glas­fa­ser oder
    Frei­schal­tung des Bitstroms)

3. Vorleistungskunden

  • Beglei­tung der Ver­fah­ren zur Ermög­li­chung der Migra­ti­on (Ände­rung der Stan­dard­an­ge­bo­te, Wider­ruf von
    Regu­lie­rungs­ver­pflich­tun­gen, Ver­fah­ren nach § 34 TKG)
  • Anpas­sung der Zugangs­ver­trä­ge sowie der ver­wen­de­ten IT und Schnittstellen
  • Ent­wick­lung eines eige­nen Migra­ti­ons­kon­zepts
  • Umstel­lung / Kün­di­gung der End­kun­den- und ggfs. Who­le­sa­le-Ver­trä­ge (ver­trag­li­che und tat­säch­li­che
    Umset­zung), ein­schließ­lich der Kundenbetreuung
  • Ver­ein­ba­rung des Zugangs zum Glas­fa­ser­netz bzw. der ander­wei­ti­gen alter­na­ti­ven Netz­in­fra­struk­tur bzgl. der alter­na­ti­ven Produkte
  • Tech­ni­sche Anpas­sung an neue Schnitt­stel­len und Netzarchitektur
  • Kos­ten für den Anschluss an die Netz-Zugangspunkte
  • Abwick­lung des Kup­fer­zu­gangs, ggfs. Auf­lö­sung von Kol­lo­ka­tio­nen und Rück­bau der Ver­tei­ler und der
    akti­ven Technik
  • Durch­füh­rung der Migration
  • Moni­to­ring der migrie­ren­den oder gekün­dig­ten Anschlüs­se bis zur Umstel­lung bzw. Abschaltung

Dane­ben könn­ten sich durch die Kup­fer-Glas-Migra­ti­on beim Vor­leis­tungs­kun­den wei­te­re Fak­to­ren nach­tei­lig auf die Wirt­schaft­lich­keit des Unter­neh­mens auswirken:

  • (Ech­te) gestran­de­te Inves­ti­tio­nen in die Kupfertechnologie
  • Ent­gan­ge­ne Umsatz­er­lö­se aus End­kun­den­ver­trä­gen infol­ge der Anpas­sun­gen (früh­zei­ti­ge
    Ver­trags­be­en­di­gung)
  • Ggfs. schlech­te­re Aus­las­tung des Com­mit­ments bei der Telekom

4. Endkundinnen und Endkunden

  • Auf­wand für die Ver­trags­um­stel­lung und bei der Bereit­stel­lung des Ersatzproduktes
  • Erfor­der­li­che neue Modems und Router

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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