Vor wenigen Wochen hatte die BNetzA ihr Impulspapier zur Kupfer-Glas-Migration veröffentlicht. Darin hat sie auch den Aspekt mögliche Migrationskosten angesprochen und erste Grundsätze für eine mögliche Kostenentscheidung dargestellt. Eine konkrete Einzelfallentscheidung im Zusammenhang mit den Regeln aus § 34 TKG steht noch aus.
Als einen möglichen Faktor bei der Bewertung von Migrationskosten sieht die Behörde auch die gestrandeten Investitionen. Sie greift hierbei auf ihre eigene Spruchpraxis zum Vectoring und der SDH-Plattform-Migration zurück. Dabei unterscheidet sie zwischen sogenannten echten gestrandeten Investitionen und unechten gestrandeten Investitionen. Ob diese Spruchpraxis sich ohne weiteres übertragen lässt, ist zwar noch offen. Die BNetzA wird dies sehr detailliert begründen müssen. Es lassen sich aus dieser Unterscheidung schon im Impulspapier erste Hinweise auf eine Richtung der Argumentation entnehmen.
Echte gestrandete Investitionen seien demnach am Beispiel Vectoring folgende, die direkt durch die Außerbetriebnahme der TAL entstehen und zu einer vollständigen Entwertung der Investition in den vorherigen TAL-Zugang führen. Als Beispiele führt die BNetzA unmittelbar DSLAMs und Kollokationskosten auf, welche nur für den TAL-Zugang nutzbar sind, also nach der Migration verloren sind. Es besteht demnach unmittelbare Kausalität. Für diese Investitionen soll nach den Überlegungen der BNetzA eine Kostenentschädigung nebst linearer Verzinsung in Betracht kommen.
Keine Kompensation sieht die BNetzA für unechte gestrandete Investitionen vor. Bei diesen folge die Entwertung der Investition nicht unmittelbar durch die Abschaltung, sondern auf einer freien unternehmerischen Entscheidung des jeweiligen Zugangsnachfragers. Die BNetzA sieht Beispiele in einer strategischen Umstellung von der TAL auf andere Zugangsprodukte aus Kostengründen oder einer Reduzierung von Kollokationen zur Senkung operativer Kosten. Dies stelle eine bloße selbstbestimmte Optimierung des Vorleistungseinkaufs dar. Die Unterscheidung könnte doch etwas schwierig sein, da sie von allein subjektiven Erwägungen abhängig gemacht wird, die ein Zugangsnachfrager nur schwer widerlegen kann. Die Optimierung steht doch eher dafür, wie wichtig ein Zugang für einen Wettbewerber ist.
Wiederum etwas abgemildert werden diese Grundsätze dann in einer folgenden schematischen Darstellung, anhand derer eine Kompensationspflicht für gestrandete Investitionen geprüft werden könnte:
- Besteht ein Kausalzusammenhang zwischen der nachträglichen Zugangsverweigerung und der Entwertung der Investition? Es würde wohl also jede Kausalität ausreichen. Das ist bei einem derart weiten Anwendungsbereich wie Kupfernetzen hin zu Glasfasernetzen auch nachvollziehbar.
- Wurde die Investition ausschließlich für den TAL-Zugang getätigt? Man könnte sich hier auf den jeweiligen Zugang beziehen. Dieses Kriterium kommt einer objektiven Zurechnung gleich, nicht einer subjektiven Anknüpfung an vertriebliche Erwägungen. Auch Einkaufsoptimierungen könnten danach erfasst werden.
- Ist die Investition bei einem Wechsel auf alternative Zugangsprodukte noch weiter nutzbar? Gestrandet sind die Investitionen also, wenn sie brach liegen, verloren sind.
Ob und wie sich diese Praxis also auch bei einer konkret nach § 34 Abs. 1 TKG angestoßenen Migration durchsetzt, ist noch offen und kann diskutiert werden.