Tchi­bo kann sich nicht wett­be­werbs­recht­lich gegen die Kaf­fee-Ange­bo­te von Aldi Süd weh­ren. Dies geht aus einer Ent­schei­dung des Land­ge­richts Düs­sel­dorf vom 16.1.2025 her­vor (Az. 14d O 14/24), die die­se Tage bekannt wurde.

Tchi­bo hat bereits ange­kün­digt, gegen die Kla­ge­ab­wei­sung Beru­fung vor dem OLG Düs­sel­dorf einzulegen.

Streit um zu niedrige Kaffee-Preise

Aldi Süd bie­tet seit 2023 unter einer Eigen­mar­ke regel­mä­ßig recht güns­tig Kaf­fees an. Das Unter­neh­men Tchi­bo sieht dies als zu bil­lig an und wirft Aldi Süd vor, sei­nen Kaf­fee unter Ein­stands­preis und zulas­ten des Wett­be­werbs zu verkaufen. 

Auf die­se Begrün­dung stütz­te Tchi­bo sei­ne Unter­las­sungs­kla­ge gegen­über Aldi Süd. Die­se stützt sich zum einen kar­tell­recht­lich auf das Ver­bot des Ver­kaufs unter Ein­stands­prei­sen und zum ande­ren lau­ter­keits­recht­lich auf die Fall­grup­pe der all­ge­mei­nen Marktbehinderung.

Kein Verkauf unter Einstandspreis bei Eigenmarke

Das Gericht hat den kar­tell­recht­lich begrün­de­ten Unter­las­sungs­an­spruch abge­lehnt. Dabei hat es ver­schie­de­ne Fra­gen offen gelas­sen, ins­be­son­de­re ob Aldi Süd über­haupt über eine Stel­lung über­le­ge­ner Markt­macht gegen­über klei­nen und mitt­le­ren Wett­be­wer­bern ver­fügt. Hier­zu habe es sei­tens bei­der Par­tei­en kei­nen hin­rei­chen­den Vor­trag gegeben.

Jeden­falls eine unbil­li­ge Behin­de­rung lie­ge hier durch ein Ver­hal­ten von Aldi Süd nicht vor. Es lie­ge bereits kein Ein­stands­preis im Sin­ne des § 20 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB vor, da Aldi Süd sei­ne Kaf­fee­pro­duk­te von einer kon­zern­zu­ge­hö­ri­gen Ein­heit bezieht. Der Begriff “Ein­stands­preis” setzt aber vor­aus, dass ein Preis für die Beschaf­fung der Ware oder Leis­tung zwi­schen dem Unter­neh­men mit über­le­ge­ner Markt­macht und sei­nem Lie­fe­ran­ten ver­ein­bart wur­de. Die­ses Merk­mal beschrän­ke das Behin­de­rungs­ver­bot für Unter­neh­men mit über­le­ge­ne Markt­macht prak­tisch auf den Han­del mit fremd­be­zo­ge­nen Waren und Dienst­leis­tun­gen und gel­te nicht für selbst her­ge­stell­te Waren oder erbrach­te Dienst­leis­tun­gen. Dies gel­te auch bei ver­ti­kal inte­grier­ten Unter­neh­men, bei denen ledig­lich eine inter­ne Ver­rech­nung stattfindet.

Keine Ausdehnung auf Verkauf unter Herstellungskosten

Auch nach der Gene­ral­klau­sel lie­ge kei­ne unbil­li­ge Behin­de­rung vor. Jedem Unter­neh­men ste­he es grund­sätz­lich frei, sei­ne Preis­ge­stal­tung in eige­ner Ver­ant­wor­tung vor­zu­neh­men und dabei gege­be­nen­falls sogar unter Kos­ten zu ver­kau­fen. Ein Kauf­mann müs­se also nicht von Stück­ge­win­nen aus­ge­hen, son­dern könn­te sich sei­ne wirt­schaft­li­chen Erfol­ge auch ander­wei­tig erfül­len — etwa indem er Kon­su­men­ten durch den Kauf quer­sub­ven­tio­niert ver­bil­lig­ten Kaf­fees zu wei­te­ren Käu­fen in sei­nen Geschäfts­räu­men ani­miert. Das Land­ge­richt spricht hier von einer “Wer­be­wir­kung eines Unter-Kos­ten-Ange­bots”. Dar­in kön­ne aber nur eine Absicht zur För­de­rung des eige­nen Absat­zes gese­hen wer­den, nicht aber auch eine Verdrängungsabsicht.

Die Gene­ral­klau­sel kön­ne auf­grund die­ser Umstän­de der ver­ti­ka­len Inte­gra­ti­on und der Quer­sub­ven­tio­nie­rung auch nicht ent­spre­chend erwei­tert aus­ge­legt wer­den. Der Geset­zes­wort­laut sei nicht auf ein Ver­bot des Ange­bots unter Her­stel­lungs­kos­ten aus­zu­deh­nen. Das Gericht nimmt an, dass es hier­zu bereits ver­schie­de­ne Vor­schlä­ge an den Gesetz­ge­ber zur Anpas­sung gege­ben habe, die die­ser jedoch nie auf­ge­nom­men hät­te. Des­halb kön­ne von einer “bewuss­ten Nicht­re­ge­lung” aus­ge­gan­gen wer­den. Dies las­se sich auch mit den Unter­schie­den zwi­schen Ver­kauf unter Ein­stands­preis und Ver­kauf unter Ver­kaufs­preis erklä­ren. Her­stel­ler sei­en an einer kom­ple­xen Wert­schöp­fung betei­ligt, in die der Gesetz­ge­ber nicht ein­grei­fen kön­ne und wolle.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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