Wie können Unternehmen die Entscheidungen der BNetzA in Streitbeilegungsverfahren durchsetzen?

Das tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht­li­che Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren bei der Bun­des­netz­agen­tur ist aktu­ell sehr rele­vant. Zahl­rei­che regu­la­to­risch rele­van­te Fra­gen wer­den von der Behör­de behan­delt. Die Grün­de für die Rele­vanz des Streitbeilegungsverfahrens:

  • Unter­neh­men kön­nen sich an eine fähi­ge Fach­be­hör­de wen­den und dort sowohl tech­ni­sches wie auch öko­no­mi­sches Wis­sen erwarten
  • Das behörd­li­che Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren ist an kur­ze Lauf­zei­ten gebun­den und ermög­licht damit eine Klä­rung abseits gericht­li­cher Rechts­streits mit ihren unbe­stimm­ten Zeitläuften
  • Die Ent­schei­dun­gen der Bun­des­netz­agen­tur in Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren sind verbindlich

Gera­de der letz­te Satz hat es in sich. Die BNetzA soll näm­lich Strei­tig­kei­ten zwi­schen Unter­neh­men ver­bind­lich klä­ren, sodass es gera­de nicht zu län­ge­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen kommt. Die Behör­de hat hier­zu selbst Mög­lich­kei­ten, ihre eige­nen Ent­schei­dun­gen durchzusetzen.

Doch was ist, wenn ein Unter­neh­men dies als nicht aus­rei­chend ansieht? Besteht immer nur die Mög­lich­keit, sich an die BNetzA zu wen­den und auf deren behörd­li­che Durch­set­zung ihrer Ent­schei­dung zu hof­fen? Was ist bei gericht­li­chem Rechts­schutz gegen die Ent­schei­dung im Streitbeilegungsverfahren?

Welche Qualität hat die verbindliche Entscheidung der BNetzA?

Gemäß § 149 Abs. 1 TKG kann die BNetzA als natio­na­le Streit­bei­le­gungs­stel­le ange­ru­fen und eine ver­bind­li­che Ent­schei­dung bean­tragt wer­den. Auf­ge­lis­tet sind dort ver­schie­de­ne Streit­kon­stel­la­tio­nen zwi­schen Unter­neh­men, von denen die meis­ten aus dem Bereich Breit­band­aus­bau stam­men. Beson­ders rele­vant ist zuletzt immer wie­der § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG, wonach eine ver­bind­li­che Ent­schei­dung auch ergeht, wenn inner­halb von zwei Mona­ten nach einem Antrag kei­ne Eini­gung über einen offe­nen Netz­zu­gang zu geför­der­ten Net­zen nach § 155 Abs. 1 TKG zustan­de gekom­men ist.

Der § 149 TKG wird wie­der­um in § 211 Abs. 2 TKG genannt, der die all­ge­mei­nen Regeln für die natio­na­le Streit­bei­le­gungs­stel­le ent­hält. Die Bun­des­netz­agen­tur ent­schei­det in die­sen Fäl­len durch Beschluss­kam­mern. Die Ent­schei­dung ergeht dabei durch Ver­wal­tungs­akt. Ein sol­cher Ver­wal­tungs­akt hat pri­vat­rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung. Pri­vat­rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung haben Ver­wal­tungs­ak­te, die ein kon­kre­tes Rechts­ver­hält­nis begrün­den, ver­än­dern oder besei­ti­gen. Mit einer ver­bind­li­chen Ent­schei­dung im Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren wird eine Eini­gung zwi­schen Unter­neh­men hergestellt.

Das bedeu­tet am Bei­spiel des nach­ge­frag­ten offe­nen Netz­zu­gangs zu öffent­lich geför­der­ten Net­zen nach § 155 Abs. 1 TKG, dass die BNetzA eine Eini­gung durch Ver­wal­tungs­akt begrün­det, wenn die­se auf den Antrag nicht zustan­de gekom­men ist. Da die Eini­gung über den Netz­zu­gang in der Form einer Ver­ein­ba­rung zustan­de kommt, stellt im Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren die­se die BNetzA durch den Ver­wal­tungs­akt her. Es besteht dann also ein Ver­trag durch behörd­li­che Verfügung.

Pflichten aus der Entscheidung

Die Ent­schei­dun­gen der Beschluss­kam­mern sind den Betei­lig­ten durch die BNetzA förm­lich zuzu­stel­len. Dazu gehö­ren bei Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren auch die etwa­igen Antrags­geg­ner, mit denen eine Eini­gung begehrt wird. Die ver­bind­li­che Ent­schei­dung als pri­vat­rechts­ge­stal­ten­der Ver­wal­tungs­akt zwi­schen den Par­tei­en eines Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens wird dann mit Zustel­lung an bei­de Betei­lig­ten wirk­sam. Die Zustel­lung ist durch die BNetzA nachzuweisen. 

Ab der Zustel­lung an bei­de Par­tei­en ist die Ent­schei­dung für die­se wirk­sam. Beschluss­kam­mer­ent­schei­dun­gen sind dabei sofort voll­zieh­bar. Die pri­vat­rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung der ver­bind­li­chen Ent­schei­dung im Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren gilt also unmit­tel­bar mit beid­sei­ti­ger Zustellung.

Da mit der ver­bind­li­chen Ent­schei­dung ein Ver­trag durch behörd­li­che Ver­fü­gung her­ge­stellt wird, kann jede Par­tei die­ses Ver­tra­ges aus ihm die jewei­li­gen Pflich­ten durch­set­zen. Das bedeu­tet für den Zugangs­nach­fra­ger, dass er einen ver­trag­li­chen Anspruch auf Erfül­lung des Zugangs hat; anders her­um kann der Zugangs­nach­fra­ger hier­für ein ver­trag­li­ches Ent­gelt verlangen.

Die ver­trag­li­chen Pflich­ten kön­nen zivil­recht­lich durch­ge­setzt wer­den. Die Par­tei­en kön­nen unmit­tel­bar aus dem behörd­lich ver­füg­ten Ver­trag Ansprü­che her­lei­ten. Wird dabei der zuge­spro­che­ne Zugang zum öffent­lich geför­der­ten Netz nicht gewährt, kann der Nach­fra­ger vor dem zustän­di­gen Gericht einen zivil­recht­li­chen Erfül­lungs­an­spruch durch­set­zen. Die Zustän­dig­keit des Gerichts bemisst sich dann nach all­ge­mei­nen Regeln des Zivil­pro­zess­rechts, sodass es auf den Erfül­lungs­ort des Zugangs ankom­men dürfte.

Bestand der Pflichten bei verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz

Das von der BNetzA durch Ver­wal­tungs­akt her­ge­stell­te Rechts­ver­hält­nis besteht grund­sätz­lich ab dem Zeit­punkt der beid­sei­ti­gen Zustel­lung. Da eine Kla­ge gegen die ver­bind­li­che Ent­schei­dung der BNetzA kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung hat, ist die­se auch wei­ter­hin zu befol­gen. Die ver­trag­li­chen Pflich­ten gel­ten also auch noch, wenn eine Kla­ge ein­ge­legt wird. Etwas ande­res gilt dann, wenn ein Antrag auf vor­läu­fi­gen Rechts­schutz Erfolg hat. Denn dann braucht der Ver­wal­tungs­akt nicht befolgt zu werden.

Ist eine Anfech­tungs­kla­ge erfolg­reich, so wird durch die Auf­he­bung des Ver­wal­tungs­akts auch sei­ne pri­vat­rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung besei­tigt. Das Rechts­ver­hält­nis ist dann von Beginn an nich­tig. Etwa­ige wirt­schaft­li­che Fol­gen aus die­ser Nich­tig­keit könn­ten dann zwi­schen den Par­tei­en nach dem Berei­che­rungs­recht rück­ab­ge­wi­ckelt wer­den. Aber auch hin­sicht­lich die­ser Bedin­gun­gen wäre erneut ein Antrag bei der BNetzA auf Erlass einer ver­bind­li­chen Ent­schei­dung möglich.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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