Der BGH hat vor eini­ger Zeit das Bun­des­kar­tell­amt in sei­ner Ent­schei­dung gegen­über Boo­king bestä­tigt. Die Behör­de hat­te auch die soge­nann­ten engen Best­preis­klau­seln auf der Hotel­bu­chungs­platt­form unter­sagt. Mit die­sen woll­te es die Platt­form den Hotel­be­trei­bern ver­bie­ten, über deren eige­nen Ver­trieb bes­se­re Prei­se oder Bedin­gun­gen anzubieten.

Das Unter­neh­men leg­te Beschwer­de beim OLG Düs­sel­dorf ein. Die­ses war der Ansicht, dass es sich bei den engen Best­preis­klau­seln um not­wen­di­ge Neben­ab­re­den han­de­le. Anders jetzt der BGH. Wich­tigs­te Punkte:

  • Den Hotel­be­trei­bern wer­de die Mög­lich­keit genom­men, eige­ne Kun­den zu wer­ben und die ein­ge­spar­te Pro­vi­si­on an sie wei­ter zu geben
  • Eine Abwä­gung der wett­be­werbs­för­dern­den Aspek­te mit den wett­be­werbs­be­schrän­ken­den Nach­tei­len kön­ne nur auf der Ebe­ne der Frei­stel­lun­gen statt­fin­den – also kei­ne all­ge­mei­ne Rule of Reason
  • Anhalts­punk­te für eine Frei­stel­lung bestehen nicht, ins­be­son­de­re lie­gen die Markt­an­tei­le der Hotel­bu­chungs­platt­form über der Markt­an­teils­schwel­le von 30 % nach der Vertikal-GVO
  • Die enge Best­preis­klau­sel ist nicht als not­wen­di­ge Neben­ab­re­de zur Durch­füh­rung des Platt­form­ver­tra­ges erfor­der­lich, da ins­be­son­de­re nach den bestä­tig­ten Ermitt­lun­gen des BKar­tA die Platt­form ihre Markt­stel­lung sogar noch stär­ken konn­te – also auch kei­ne Wettbewerbsimmanenz

Hintergrund

Aus­gang der Ent­schei­dung sind die in der Bran­che ver­wen­de­ten Best­preis­klau­seln. Das Bun­des­kar­tell­amt war bereits zuvor gegen die­se Prak­tik vorgegangen.

Boo​king​.com ver­wen­de­te noch eine soge­nann­te enge Best­preis­klau­sel. Hotels dürf­ten danach ihre Leis­tun­gen nicht zu bes­se­ren Prei­sen oder Kon­di­tio­nen über ihren Eigen­ver­trieb anbie­ten. Off­line oder über ande­re Platt­for­men war ihnen dage­gen eine freie Preis- und Kon­di­tio­nen­ge­stal­tung gestat­tet. Es ging also nicht um wei­te Best­preis­klau­seln, die letz­te­res eben­so ver­bie­ten wür­den. Ver­stö­ße gegen die enge Best­preis­klau­sel soll­ten Boo​king​.com zur frist­lo­sen Kün­di­gung berechtigen.

Das Bun­des­kar­tell­amt sah auch in den engen Best­preis­klau­seln einen Ver­stoß gegen kar­tell­recht­li­che Vor­schrif­ten. Im Dezem­ber 2015 ver­bot es des­halb die wei­te­re Nut­zung der Klau­sel. Gegen die Ver­fü­gung des BKar­tA hat­te Boo​king​.com vor dem OLG Düs­sel­dorf – zunächst erfolg­reich – Beschwer­de erhoben.

Der OLG-Senat hat­te die enge Best­preis­klau­sel noch als not­wen­di­ge Neben­ab­re­de ange­se­hen. Damit sei sie von dem Ver­bot wett­be­werbs­be­schrän­ken­der Abspra­chen aus­ge­nom­men und dür­fe vom BKar­tA nicht unter­sagt wer­den. Die Klau­sel die­ne dem fai­ren und aus­ge­wo­ge­nen Leis­tungs­aus­tausch zwi­schen dem Platt­form-Betrei­ber und den Hotels als Nut­zer der Ver­mitt­lungs­leis­tung. Boo​king​.com hät­te dem­nach ein berech­tig­tes Inter­es­se dar­an, sei­ne Pro­vi­si­ons­an­sprü­che zu sichern und Hotels davon abzu­hal­ten, Kun­den vor einer Buchung auf den Eigen­ver­trieb umzu­lei­ten (soge­nann­tes Trittbrettfahren).

Die erneute Bewertung durch den BGH

Der BGH hob die­se Ent­schei­dung nun auf. Da bereits alle erfor­der­li­chen Fest­stel­lun­gen getrof­fen wor­den waren, konn­te der Senat die Sache selbst ent­schei­den und muss­te sie nicht erneut zum OLG verweisen.

Im Ergeb­nis nimmt das Gericht eine Beschrän­kung des Intrab­rand-Wett­be­werbs an und zwar bezüg­lich des Wett­be­werbs zwi­schen der Platt­form und den Hotel-Kun­den über den Zim­mer­ver­trieb. Ob dane­ben der Wett­be­werb zwi­schen den Hotel­bu­chungs­por­ta­len auch beschränkt wird, war hier nicht mehr maß­geb­lich. Durch die enge Best­preis­klau­sel kön­nen Hotel­be­trei­ber nicht mehr selbst­stän­dig ohne die ein­ge­preis­te Ver­mitt­lungs­pro­vi­si­on anbie­ten. Damit sind sie wie­der­um im Wett­be­werb mit ande­ren Hotels außer­halb des Platt­form­ver­triebs und ihrer all­ge­mei­nen Preis­ge­stal­tungs­frei­heit ein­ge­schränkt. So könn­ten sie etwa kei­ne Son­der­ra­bat­te bei Rest­ka­pa­zi­tä­ten ein­räu­men – es sei denn, sie set­zen gleich­zei­tig ihren Preis auf Boo​king​.com herab.

Im Ergeb­nis kön­nen die Hotel­an­bie­ter ihre Prei­se nicht mehr im Ver­hält­nis zu ande­ren Buchungs­platt­for­men frei gestal­ten. Damit wird also der pro­vi­si­ons­freie Ver­trieb beschränkt. Der BGH-Senat sieht dabei eine ver­gleich­ba­re wett­be­werb­li­che Wir­kung zu der gemäß Art. 4 lit. a Ver­ti­kal-GVO nicht frei­stel­lungs­fä­hi­gen Kern­be­schrän­kung einer Mindestpreisvorgabe.

Enge Bestpreisklausel als Nebenabrede

Bemer­kens­wert ist dabei die Aus­sa­ge, dass es im Rah­men die­ser Prü­fung nicht dar­auf ankommt, zu wel­chem Zweck die Preis­ge­stal­tungs­frei­heit beschränkt ist. Dies sei für das Vor­lie­gen einer Wett­be­werbs­be­schrän­kung uner­heb­lich. Das klingt zunächst wider­sprüch­lich, macht aber dann Sinn, wenn man das Ver­hält­nis zwi­schen Tat­be­stands­mä­ßig­keit und Frei­stel­lung betrach­tet. Allein bei der Frei­stel­lung kommt es auf einen wett­be­werb­lich legi­ti­men Zweck der Wett­be­werbs­be­schrän­kung an. Mit ande­ren Wor­ten: eine – tat­be­stands­mä­ßi­ge – Beschrän­kung des Wett­be­werbs kann aus­nahms­wei­se zuläs­sig sein, wenn sie bestimm­ten legi­ti­men Zwe­cken dient.

Die­ser Fra­ge vor­ge­la­gert ist die Unter­su­chung der Tat­be­stands­mä­ßig­keit und dort gehört die der not­wen­di­gen Neben­ab­re­de hin. Der Unter­schied liegt dar­in, dass es dort allein auf die Fra­ge ankommt, ob eine Beschrän­kung des Wett­be­werbs vor­liegt. Der Zweck einer Maß­nah­me kann hier zwar auch eine Bedeu­tung haben, aber eine sehr stark limi­tier­te. Hier reicht es näm­lich nicht aus, dass er eine legi­ti­mie­ren­de Grund­la­ge im Ver­hält­nis zu einer Wett­be­werbs­be­schrän­kung hat. Er muss viel­mehr die Wett­be­werbs­be­schrän­kung an sich bereits ent­fal­len las­sen. Dient dabei eine Neben­ab­re­de einer kar­tell­recht­lich neu­tra­len Haupt­tä­tig­keit, so wird sie gemein­sam mit die­ser auf ihre Ver­ein­bar­keit mit Art. 101 Abs. 1 AEUV unter­sucht. Selbst wenn sie auf den ers­ten Blick dabei Wett­be­werb zu beschrän­ken schei­nen, sind sie den­noch erlaubt, wenn sie zur Durch­füh­rung der Haupt­tä­tig­keit objek­tiv not­wen­dig und uner­läss­lich sind. Der BGH spricht dabei von Tatbestandsreduktion.

Etwas vage liest sich zunächst die Aus­sa­ge bei Rn. 25 der Ent­schei­dung, die Prü­fung der objek­ti­ven Not­wen­dig­keit die­ser Beschrän­kung müs­se nach „einem eher abs­trak­ten Maß­stab“ erfol­gen. Die­se Aus­sa­ge steht aber im Kon­text des Ver­gleichs mit den Frei­stel­lungs­vor­aus­set­zun­gen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV, die kon­kret erfol­gen müs­sen. Bei Art. 101 Abs. 1 AEUV geht es aber um das abs­trak­te Schutz­gut Wett­be­werb selbst, aus dem sich das Kri­te­ri­um der objek­ti­ven Not­wen­dig­keit ergibt.

Verhinderung des Trittbrettfahrens dient nicht der Sicherung eines fairen und ausgewogenen Leistungsaustauschs

Boo​king​.com hat­te gel­tend gemacht, dass die enge Best­preis­klau­sel dem Zweck die­ne, Tritt­brett­fah­ren zu unter­bin­den. Das Unter­neh­men hät­te ein schutz­fä­hi­ges Inter­es­se dar­an, dass sei­ne Leis­tun­gen nicht unfair oder unaus­ge­wo­gen aus­ge­nutzt wer­den. Gera­de die­ses bila­te­ra­le – sub­jek­ti­ve – Ver­hält­nis zwi­schen zwei Par­tei­en ist jedoch nicht der Maß­stab, wie der BGH bekräf­tigt. Denn sie müs­sen abs­trakt-gene­rell dem Wett­be­werb die­nen, wenn sie dem abs­trakt-gene­rel­len Wett­be­werbs­schutz die­nen sollen.

Bemer­kens­wert zur objek­ti­ven Not­wen­dig­keit ist dazu die Rn. 35 der Ent­schei­dung des BGH:

Gegen die objek­ti­ve Not­wen­dig­keit der engen Best­preis­klau­sel spricht bereits, dass Boo​king​.com nach den Ermitt­lun­gen des Amtes zwi­schen der Auf­ga­be der Ver­wen­dung der Klau­sel am 1. Febru­ar 2016 und dem Ende des Erhe­bungs­zeit­raums am 30. Juni 2017, also fast ein­ein­halb Jah­re lang, ihre Markt­stel­lung nicht nur behaup­ten, son­dern wei­ter aus­bau­en konn­te. Es ist nichts dafür gel­tend gemacht oder sonst ersicht­lich, dass die­ser Zeit­raum für den trans­ak­ti­ons­in­ten­si­ven Markt der Hotel­bu­chungs­platt­for­men, auf denen stän­dig in kur­zer Zeit sehr vie­le Zim­mer einer gro­ßen Anzahl von Hotels ver­mit­telt wer­den, nicht aus­sa­ge­kräf­tig wäre. Die Nacher­mitt­lun­gen des Bun­des­kar­tell­amts haben erge­ben, dass Boo​king​.com nach allen maß­geb­li­chen Para­me­tern wie Umsatz, Markt­an­teil, Buchungs­men­gen, Zahl der Hotel­part­ner und Anzahl der Hotel­stand­or­te in Deutsch­land eine wei­te­re Stär­kung und kei­ne Schwä­chung ihrer Markt­stel­lung erfah­ren hat; Boo​king​.com stellt dies auch nicht in Frage.

BGH, Beschl. v. 18.5.21 – KVR 54/20, Rn. 35

Die Sinn­haf­tig­keit der engen Best­preis­klau­sel wur­de durch ihre prak­ti­sche Über­ho­lung im Wett­be­werb also widerlegt.

Vergleich mit anderen Gruppen notwendiger Nebenabreden

Aber auch im Ver­gleich zu ande­ren Fäl­len von not­wen­di­gen Neben­ab­re­den sieht der BGH hier kei­nen Grund, anders zu ent­schei­den. Denn das Beson­de­re sei hier, dass der Preis als wich­ti­ger wett­be­werb­li­cher Para­me­ter beschränkt wird.

Hier eine kur­ze Zusam­men­fas­sung der Argu­men­te dazu:

  • Han­dels­ver­tre­ter: Kei­ne Fall­grup­pe der not­wen­di­gen Neben­ab­re­de, da wegen wirt­schaft­li­cher Ein­heit kei­ne Abre­de zwi­schen meh­re­ren Unter­neh­men. Der Han­dels­ver­tre­ter wird in die Unter­neh­mens­struk­tur inkorporiert.
  • Qua­li­ta­ti­ver Selek­tiv­ver­trieb: Bereits wegen Wett­be­werbs­im­ma­nenz all­ge­mein kei­ne Beschrän­kung, sodass es auf die Tat­be­stands­re­strik­ti­on der not­wen­di­gen Neben­ab­re­de nicht ankom­me. Die­se Abgren­zung ist aber nicht zwin­gend, da eine Tat­be­stands­re­strik­ti­on auch nur dann in Betracht kommt, wenn sich zuläs­si­ger Haupt­zweck und die pri­ma facie wett­be­werbs­be­schrän­ken­de Neben­ab­re­de gemein­sam als wett­be­werbs­kon­form darstellen.
  • Miet­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bo­te: Kon­kur­renz­schutz ist ver­trags­im­ma­nen­te Haupt­leis­tungs­pflicht, solan­ge kei­ne Markt­ab­schot­tung bewirkt wird.
  • Fran­chi­sing: Schutz der Mar­ke und des Sys­tem­images ist uner­läss­li­cher Bestand­teil des Haupt­ver­trags, nicht aber Ein­schrän­kung der Preis­ge­stal­tungs­frei­heit. Aus­schließ­li­che Bezugs­ver­pflich­tun­gen etwa sind nur zuläs­sig, soweit sie eine ein­heit­li­che Pro­dukt­qua­li­tät sicherstellen.
  • Wett­be­werbs­ver­bo­te in Unter­neh­mens­kauf­ver­trä­gen: Wah­rung der Sub­stanz eines Unter­neh­mens als gesam­ter bestehen­der geschütz­ter Ver­mö­gens­ge­gen­stand, der auch von der Eigen­tums­ga­ran­tier erfasst ist. Die enge Best­preis­klau­sel soll jedoch nur zukünf­ti­ge Erwerbs­chan­cen absi­chern, nicht bereits erwor­be­nes Vermögen.
  • Wett­be­werbs­ver­bo­te in Sub­un­ter­neh­mer­ver­trä­gen: Kun­den­schutz dient Schutz der inne­ren Aus­höh­lung bestehen­der Ver­trä­ge zwi­schen Haupt­auf­trag­neh­mer zu Auf­trag­ge­ber. Es wird also ein bestehen­der Kun­den­stamm geschützt. Die Best­preis­klau­sel ist jedoch kei­ne Kun­den­schutz­klau­sel, son­dern eine Provisionssicherungsklausel.

Her­aus sticht noch eine sehr mar­kan­te Aussage:

Blo­ße Geschäfts­chan­cen sind jedoch recht­lich grund­sätz­lich nicht vor sol­chen Beein­träch­ti­gun­gen geschützt, die auf erlaub­tem Ver­hal­ten von Markt­sub­jek­ten wie etwa der Nut­zer der Platt­form beruhen.

BGH, Beschl. v. 18.5.21 – KVR 54/20, Rn. 44 a.E.

Mit ande­ren Wor­ten: Der Erwerb und das Erwor­be­ne sind geschützt, nicht aber die objek­ti­ven Erwerbschancen.

Keine Freistellung

Eine Frei­stel­lung nach der Ver­ti­kal-GVO schied hier bereits des­halb aus, weil Boo​king​.com dafür die rele­van­ten Markt­an­teils­schwel­len von 30 % über­schrei­tet. Des­halb kam nur noch eine Ein­zel­frei­stel­lung nach den Vor­aus­set­zun­gen des Art. 101 Abs. 3 AEUV in Betracht. In die­sem Zusam­men­hang erst kann das Argu­ment berück­sich­tigt wer­den, dass die Vor­tei­le einer Maß­nah­me ihre wett­be­werb­li­chen Nach­tei­le überwiegen.

Der BGH ver­neint jedoch bereits das ers­te Merk­mal der Ver­bes­se­rung der Waren­er­zeu­gung oder ‑ver­tei­lung oder die För­de­rung des tech­ni­schen oder wirt­schaft­li­chen Fort­schritts. Es lie­gen danach kei­ne Effi­zi­enz­vor­tei­le im Zusam­men­hang mit der Best­preis­klau­sel vor. Auf die­se käme es aber an. So macht der Senat deut­lich, dass er in dem Betrieb der Hotel­bu­chungs­platt­form an sich durch­aus Effi­zi­enz­vor­tei­le sieht. Die­se wer­den aber nicht erst durch die Best­preis­klau­sel ermög­licht oder gesichert.

Inter­es­sant sind hier­zu die Aus­füh­run­gen des BGH zu der Fra­ge, ob die Besei­ti­gung oder Ein­däm­mung des Tritt­brett­fah­rer­pro­blems einen Effi­zi­enz­vor­teil dar­stel­len kann. So sieht der Senat durch­aus die Mög­lich­keit, dass Kun­den die Hotel­prei­se ver­glei­chen und zu ande­ren Ange­bo­ten wech­seln. Eben­so sieht er die Mög­lich­keit, dass Hotels die Platt­form ledig­lich als Wer­be­platt­form nut­zen und gleich­zei­tig ver­su­chen Kun­den direkt zu gewinnen.

Der BGH sieht jedoch die soge­nann­te Ver­trags­ge­rech­tig­keit nicht als rele­van­ten Effi­zi­enz­vor­teil an. Dies sieht er allen­falls dann, wenn gera­de die Ver­triebs­part­ner geschützt oder zu beson­de­ren Anstren­gun­gen ver­an­lasst wer­den sol­len. In die­sem Fall soll der Anbie­ter die Ver­triebs­part­ner davor schüt­zen kön­nen, dass ande­re Unter­neh­men sich nicht an die Qua­li­täts­vor­ga­ben hal­ten und damit güns­ti­ger anbieten.

Schließ­lich lohnt sich noch ein Blick auf die Aus­füh­run­gen zur Preis­struk­tur. Denn der BGH sieht bei Platt­for­men kei­nen Raum für eine aus­schließ­lich auf das ein­zel­ne Leis­tungs­aus­tauschs­ver­hält­nis fokus­sier­te Sicht­wei­se. Allein die Ver­hin­de­rung des Tritt­brett­fah­rens ver­hin­de­re nicht die effi­zi­en­te platt­form­un­ab­hän­gi­ge Ver­mark­tung durch die Hotels. Das bedeu­tet, dass die Absi­che­rung des Pro­vi­si­ons­mo­dell eine gewill­kür­te Ent­schei­dung der Platt­form ist. Es kommt also viel­mehr auf eine Gesamt­be­trach­tung der Wir­kun­gen an. Die­se Aus­sa­ge steht im Zusam­men­hang mit einer ganz­heit­li­chen und mul­ti­po­la­ren Betrach­tung der wett­be­werb­li­chen Beson­der­hei­ten bei Plattform-Sachverhalten.

Was sind die Folgen?

Die Ent­schei­dung wird ganz erheb­li­che Aus­wir­kun­gen haben. Zum einen hat­ten sich bereits zuvor zahl­rei­che Hotel­un­ter­neh­men gegen die Platt­form posi­tio­niert und mög­li­che Kar­tell­scha­dens­er­satz­an­sprü­che ange­kün­digt. Das bezog sich bis­lang vor allem auf die wei­ten Best­preis­klau­seln, dürf­te sich jetzt aber erwei­tern. Die ent­spre­chen­den Kla­gen kön­nen dabei in Deutsch­land erho­ben werden.

Zum ande­ren wird die­se Ent­schei­dung Ein­flüs­se auf den all­ge­mei­nen Umgang mit dem Tritt­brett­fah­rer­pro­blem haben. Die­ses kann Ver­mitt­ler beson­ders tref­fen. Der BGH wird hier jedoch deut­lich: Es soll gera­de auch einen mög­li­chen Wett­be­werb zwi­schen den Geschäfts­kun­den und der Ver­mitt­lungs­platt­form selbst geben. Die­ser stellt auch ein Kor­rek­tiv für das Risi­ko der Kon­zen­tra­ti­ons­ten­den­zen dar, die sich bei der­ar­ti­gen Platt­for­men erge­ben kön­nen. Die­se kön­nen nicht ver­lan­gen, dass sich die Geschäfts­kun­den in irgend­ei­ner Wei­se loy­al ver­hal­ten. Sie müs­sen die­ses all­ge­mei­ne Wett­be­werbs­ri­si­ko viel­mehr einpreisen.

Kon­kret bedeu­tet die­se Ent­schei­dung, dass die engen Best­preis­klau­seln nicht mehr durch­ge­führt wer­den dür­fen. Boo​king​.com darf also auch kei­ne Sank­tio­nen gegen Unter­neh­men ergrei­fen, die außer­halb der Platt­form zu bes­se­ren Prei­sen oder Kon­di­tio­nen tätig wer­den. Das bedeu­tet ins­be­son­de­re, dass auch eine Aus­sper­rung oder ähn­li­che Beschrän­kun­gen unzu­läs­sig wären und sich die betrof­fe­nen Hotel­be­trei­ber dage­gen weh­ren könnten.

Gleich­zei­tig steht die Ent­schei­dung in einem über­grei­fen­den Ver­hält­nis zu der Fra­ge, ob Boo​king​.com die­je­ni­gen Hotels kün­di­gen darf, die sich – nun­mehr bestä­tigt und sys­te­ma­tisch – nicht loy­al zei­gen und außer­halb der Platt­form güns­ti­ger anbie­ten. Hier dürf­te sich ein Kon­tra­hie­rungs­zwang zuguns­ten der Hotel­be­trei­ber erge­ben, da die Platt­form zum einen markt­be­herr­schend und zum ande­ren rela­tiv markt­mäch­tig gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 GWB ist. Zum letz­te­ren hat sich vor weni­gen Mona­ten noch eine gesetz­li­che Erleich­te­rung erge­ben, die es nach­fra­gen­den Unter­neh­men ein­fa­cher macht, die Vor­aus­set­zun­gen eines Kon­tra­hie­rungs­zwangs dar­zu­le­gen und die­sen durchzusetzen.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

Weitere Artikel

Newsletter

Updates zum Kartell- und Telekommunikationsrecht