Im Bereich der öffentlichen Breitbandförderung gibt es seit 2021 die Vorschrift des § 155 Abs. 1 TKG. Danach hat müssen Eigentümer und Betreiber öffentlich geförderter Infrastrukturen einen diskriminierungsfreien, offenen Netzzugang zu fairen und angemessenen Bedingungen gewähren. Die Vorschrift ermöglicht Wettbewerbern einen Direktanspruch als Abhilfe für die mit der Förderung einhergehende Wettbewerbsverzerrung.
Entgeltfestlegung im Streitbeilegungsverfahren?
Doch was, wenn die Frage des “Ob” eines offenen Netzzugangs zwar geklärt ist, beim “Wie” des Zugangs jedoch Fragen offen sind? Wenn keine Vereinbarung nach § 155 Abs. 1 TKG zustande kommt, kann die BNetzA zwei Monate ab Eingang des Antrags gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG im Streitbeilegungsverfahren eine verbindliche Entscheidung fällen. Gemäß § 149 Abs. 4 TKG legt die BNetzA dabei die fairen und angemessenen Bedingungen einschließlich der Entgelte des Netzzugangs fest.
Der letzte Teil dieser Regelung bedeutet, dass grundsätzlich auch die Entgelte des offenen Netzzugangs nach § 155 Abs. 1 TKG Teil des Streitbeilegungsverfahrens sein können. Einen harten Kontrollmaßstab scheint die Vorschrift dabei auf den ersten Blick nicht zu bieten, da ihr Wortlaut keine Aussage zu den Entgelten enthält. Allerdings muss der offene Netzzugang zu fairen und angemessenen Bedingungen gewährt werden. Wäre ein Entgelt nicht fair oder angemessen, so würde diese ebenso keinem offenen Netzzugang entsprechen.
Materieller Entgeltkontrollmaßstab
Wann sind Entgelte nicht fair oder angemessen? Hier lassen sich jedenfalls die Grundsätze der Missbrauchskontrolle heranziehen. Denn aufgrund der lokalen Förderung und der damit einhergehenden Open-Access-Pflicht hat das geförderte Unternehmen eine Monopolstellung, die ihm ein vom Wettbewerb unabhängiges Verhalten einräumt. Entsprechend kann es etwa durch eine geschickte Preissetzungsstrategie Wettbewerber verdrängen — trotz der Vorschrift des § 155 Abs. 1 TKG zum offenen Netzzugang.
Welche Preissetzungsspielräume bestehen für das geförderte Unternehmen? Zunächste sehen die EU-Breitbandleitlinien eine Entgeltfestsetzung nach Durchschnittspreisen auf vergleichbaren Märkten vor. Falls solche nicht ermittelbar sind, müssen die regulierten Entgelte herangezogen werden. Ergänzend hierzu gelten die allgemeinen Kostenmaßstäbe des TKG sowie die wettbewerbliche Missbrauchsaufsicht.
Eine Verdrängungswirkung kann bei einer Preis-Kosten-Schere auftreten. Eine solche läge vor, wenn das geförderte Unternehmen im Rahmen des Netzzugangs ein Entgelt erhebt, das dem nachfragenden Unternehmen keinen Wettbewerb auf der Endkundenebene ermöglicht. Das ist jedenfalls der Fall, wenn die Vorleistungskosten oberhalb des derzeit gängigen Wettbewerbspreises liegen. Aber auch wenn das geförderte Unternehmen seine Endkundenpreise auf Dumping-Niveau absenkt, kann dieses missbräuchlich sein.