Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on hat ges­tern mit­ge­teilt, dass sie ein Ver­fah­ren gegen­über Goog­le wegen des Ver­dachts auf Markt­macht­miss­brauch ein­ge­lei­tet hat. Im Raum ste­hen mög­li­che wett­be­werbs­wid­ri­ge Prak­ti­ken bei der Nut­zung von Online-Inhal­ten für KI-Zwe­cke. Die Kom­mis­si­on prüft einen Ver­stoß gegen Art. 102 AEUV.

Es geht um zwei Vor­wür­fe: Ers­tens steht die Nut­zung der Inhal­te von Web­sei­ten­be­trei­bern im Raum. Goog­le nutzt die­se, um eige­ne KI-Diens­te zu gene­rie­ren und in sei­nen Such­ergeb­nis­sen bereit­zu­stel­len. Mit ande­ren Wor­ten ent­zieht Goog­le also den jeweils rele­van­ten Inhalt und stellt ihn in sei­nen eige­nen Ange­bo­ten dar. Die Betrei­ber wür­den hier­für nicht ange­mes­sen ver­gü­tet und erhiel­ten kei­ne Mög­lich­keit zum Wider­spruch. Zudem deu­tet die Kom­mis­si­on an, dass die Web­sei­ten­be­trei­ber eigent­lich auf den Nut­zer­ver­kehr über die Goog­le-Suche ange­wie­sen sind und die­sen auf­grund der KI-Diens­te ver­lie­ren wür­den. Die­ser Vor­wurf lässt sich auch so umdeu­ten: Darf Goog­le im Ergeb­nis den gesam­ten Infor­ma­ti­ons­ver­kehr auf sich selbst umlei­ten und den Groß­teil der Infor­ma­tio­nen aus ers­ter Hand anbieten?

Zwei­tens geht es um die Art und Wei­se, wie Inhal­te auf You­tube für KI-Trai­ning ver­wen­det wer­den. Auch hier sieht die Kom­mis­si­on kei­ne ange­mes­se­ne Ver­gü­tung und kei­ne Mög­lich­keit zum Wider­spruch. Viel­mehr müss­ten Urhe­ber mit jedem Upload auch die ERleaub­nis zu die­ser Nut­zung ertei­len. Auf der ande­ren Sei­te dür­fen Ent­wick­ler von kon­kur­rie­ren­den KI-Model­len You­tube-Inhal­te nicht ver­wen­den. Damit könn­te Goog­le sei­ne bereits bestehen­de Markt­stel­lung durch den Dienst You­tube auf wei­te­re Märk­te ausdehnen.

Der wei­te­re Ablauf ist der­zeit nicht abseh­bar. In der Ver­gan­gen­heit hat die Kom­mis­si­on bereits mehr­fach emp­find­li­che Buß­gel­der gegen­über Goog­le ver­hängt. Gegen­stand war dabei stets das Ver­bot des Miss­brauchs einer markt­be­herr­schen­den Stel­lung. Die­ses Ver­fah­ren zeigt aber eine hohe Prio­ri­sie­rung. Zusätz­lich wird jetzt gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 2 Ver­ord­nung (EU) 1/2003 eine Rück­sicht­nah­me­pflicht der natio­na­len Gerich­te akti­viert. Sie müs­sen Ent­schei­dun­gen ver­mei­den, die einer Ent­schei­dung der Kom­mis­si­on zuwi­der­lau­fen, wel­che sie in dem von ihr ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­ren zu erlas­sen beab­sich­tigt. Das ist zwar jetzt noch nicht der Fall, kann sich im wei­te­ren Ver­lauf aber noch kon­kre­ti­sie­ren. Die Gerich­te sol­len in dem jewei­li­gen Ein­zel­fall dann prü­fen, ob eine Ver­fah­rens­aus­set­zung in Betracht kommt.

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Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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