Vor einigen Wochen hat das OLG Hamburg in einer Auseinandersetzung zwischen der Verbraucherzentrale NRW mit einem großen deutschen Glasfasernetzbetreiber bestimmte AGB untersagt. Die Entscheidung ergeht zu einer besonders relevanten Diskussion im Glasfasernetzausbau: Wie können Netzbetreiber den Glasfaseranschluss von Gebäuden amortisieren und dies in Verträgen abbilden?
Streit um die Vertragslaufzeit
Hintergrund ist folgende Klausel in den Geschäftsbedingungen des beklagten Unternehmens:
„Soweit nichts Abweichendes vereinbart ist, haben alle Verträge öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, die ein Verbraucher oder Unternehmen nach § 71 Abs. 3 TKG (siehe Ziffer 22.2) schließt, eine anfängliche Laufzeit („Mindestlaufzeit“) von 12 oder 24 Monaten (je nach getroffener Vereinbarung) und können in dieser Zeit nicht ordentlich gekündigt werden; das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt jeweils unberührt. Die Mindestlaufzeit des Vertrages ergibt sich aus dem vom Kunden auszufüllenden Auftragsformular. Die Vertragslaufzeit beginnt mit der Freischaltung des DGN-Anschlusses des Kunden.“
Der letzte Satz dieser Regelung war der Anlass des Streits. Denn das Unternehmen wollte damit folgendes bezwecken: Verbraucher können bei ihr neue Glasfaseranschlüsse bestellen und hierauf basierend einen Vertrag mit 24-monatiger Vertragslaufzeit abschließen. Der neue Glasfaseranschluss sollte danach erst noch errichtet werden. Sobald er errichtet wurde, sollten an das somit erschlossene Gebäude Internetdienstleistungen erbracht werden. Für diese Zwecke sollte der eigentliche Dienstleistungsvertrag erst dann beginnen, wenn das Unternehmen den Anschluss errichtet hat und damit die Leistungen erbringen kann. Zwischen der eigentlichen Bestellung des Anschlusses und seiner Errichtung und Aktivierung vergeht aber regelmäßig einige Zeit.
Der Verbraucherverband sieht in diesem Vorgehen eine längere Bindung als 24 Monate. Er mahnte deshalb das Unternehmen ab und begehrte Unterlassung dieser Klausel.
Aus der Entscheidung des Gerichts
Das Gericht stützt seine Entscheidung maßgeblich auf § 309 Nr. 9 lit. a) BGB, der AGB-Klauseln als unwirksam erklärt, die eine längere Vertragslaufzeit als zwei Jahre vorsieht. Diese Regelung werde insbesondere nicht durch § 56 Abs. 1 TKG verdrängt. Denn auch im EKEK werde grundsätzlich eine Maximalvertragslaufzeit vorgesehen.
Kein ausreichender Grund ergebe sich aus den Besonderheiten des Telekommunikationsnetzausbaus. Hierbei verweist das Gericht auf Art. 105 Abs. 1 S. 3 EKEK und ihre Umsetzung in § 56 Abs. 2 TKG, wonach die Laufzeitbegrenzung nicht für die Laufzeit eines gesonderten Vertrages gelten solle, mit dem Verbraucher Ratenzahlungen ausschließlich für die Bereitstellung der physischen Verbindung erbringen. Das Gesetz geht also schon systematisch in § 56 TKG von zwei getrennten Verträgen aus — erstens einem Vertrag über die Errichtung des physischen Anschlusses; zweitens einem Vertrag über die über diesen Vertrag zu erbringende Dienstleistung. Aus dieser Systematik folgert das Gericht erst recht, dass § 56 Abs. 1 TKG nicht spezielle zu dem AGB-Verbot steht.
In dem vorliegenden Fall verwendete das Unternehmen aber einen einheitlichen Vertrag sowohl für die Errichtung wie auch die anschließende Dienstleistungserbringung. Entsprechend beginnt nach der Entscheidung des Gerichts die Vertragslaufzeit mit Vertragsschluss dieses einheitlichen Vertrages.
Eine Verschiebung des Beginns der Laufzeit sieht das Gericht dagegen als nicht möglich an und verweist auf die Rechtsprechung des BGH zu Stromlieferungsverträgen. Danach sei es Schutzzweck des § 309 Nr. 9 lit. a) BGB, eine übermäßig lange Bindung des Verbrauchers zu verhindern. Der Verbraucher werde ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses gebunden und nicht erst ab Beginn der Leistungserbringung. Den Beginn der Leistungserbringung könne er aber bei der Errichtung des physischen Anschlusses nicht beeinflussen.
Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen. Das betroffene Unternehmen wird diese Gelegenheit nach Informationen aus der Branche nutzen. Eine EuGH-Vorlage hat das OLG abgelehnt.
Mögliche Lösungen
Welche Auswege gibt es? Es ist völlig verständlich, dass Unternehmen ihre erheblichen Investitionen in den Glasfaserausbau absichern wollen. Aus diesem Gedanken folgte auch der Ansatz eines einheitlichen Vertrages mit dem Verbraucher, der zusätzlich zur Internetleistung die vorherige Schaffung eines tauglichen physischen Anschlusses beinhaltete.
Die Entscheidung zeigt aber jetzt schon, dass eine einheitliche Vertragslösung wohl nur möglich ist, wenn für diesen einheitlichen Vertrag auch alle strengen Verbraucherschutzregelungen beachtet werden. Dies beißt sich aber erheblich mit dem Amortisierungsinteresse des Unternehmens, insbesondere wenn zwischen dem Auftrag und der finalen Bereitstellung des Glasfaseranschlusses einige Monate mehr liegen. In einem Fall im engeren Familienumfeld betrug die Zeit zwischen Auftrag und Inbetriebnahme zum Beispiel über zweieinhalb Jahre.
Deshalb macht eine rechtliche Trennung zwischen Ausbauvertrag und Dienstleistungsvertrag wohl am meisten Sinn. Dabei könnten diese wiederum wirtschaftlich miteinander verbunden werden. Beispiele könnten etwa sein ein Gutschein aus dem Glasfaserausbau oder ein späterer Rabatt auf den Dienstleistungsvertrag.