Verlangt der DMA auch eine Anonymisierung von personenbezogenen Daten?

Die Fra­ge aus der Über­schrift tauch­te in einer Dis­kus­si­on vor eini­ger Zeit auf. Sie ist inso­fern nicht ganz neu, denn auch im Kar­tell­recht oder im sek­tor­spe­zi­fi­schen Regu­lie­rungs­recht könn­te sie sich stel­len. Wenn ein Unter­neh­men im Zusam­men­hang mit Daten von einem ande­ren Unter­neh­men in Anspruch genom­men wird, könn­te es den Ein­wand erhe­ben, die begehr­ten Daten wie­sen Per­so­nen­be­zug auf und es gel­te das daten­schutz­recht­li­che Ver­bot mit Erlaubnisvorbehalt. 

Das Pro­blem hier­bei: soll­te kei­ne Pflicht zur Anony­mi­sie­rung bestehen, kann ein Unter­neh­men den Zugang zu Daten regel­mä­ßig mit Ver­weis auf das Daten­schutz­recht ver­wei­gern. Im Kar­tell­recht käme es hier­bei dann auf die Fra­ge an, ob dies miss­bräuch­lich wäre und unter beson­de­ren Umstän­den des Ein­zel­falls doch ein Zugang gebo­ten sein könn­te. Im sek­tor­spe­zi­fi­schen Recht gibt es teil­wei­se aus­drück­li­che Rege­lun­gen, die eine nicht-anony­mi­sier­te Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten zum Zweck der Erfül­lung anordnen.

Für den DMA exis­tie­ren eben­so Daten­zu­gangs­pflich­ten. Da es sich um sek­tor­spe­zi­fi­sche Markt­re­gu­lie­rung han­delt, scheint auch eine Aus­sa­ge zur Anony­mi­sie­rungs­pflicht nahe­lie­gend; ande­ren­falls könn­te der Zweck der Vor­schrift gege­be­nen­falls nicht erfüllt werden.

Der DMA trifft ver­ein­zelt Aus­sa­gen hier­zu, etwa aus­drück­lich bei der Pflicht in Art. 6 Abs. 11 DMA zum Zugang von Dritt­un­ter­neh­men zu Daten von Online-Such­ma­schi­nen. Alle im Rah­men die­ses Zugangs bereit­ge­stell­ten Anfrage‑, Klick- und Ansichts­da­ten müs­sen danach anony­mi­siert wer­den. Erwä­gungs­grund 61 führt hier­zu dann wei­ter aus:

Bei der Bereit­stel­lung des Zugangs zu sei­nen Such­da­ten soll­te ein Tor­wäch­ter den Schutz der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten von End­nut­zern, auch vor mög­li­chen Risi­ken einer erneu­ten Iden­ti­fi­zie­rung, durch geeig­ne­te Mit­tel wie die Anony­mi­sie­rung sol­cher per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten sicher­stel­len, ohne die Qua­li­tät oder die Nutz­bar­keit der Daten wesent­lich zu beein­träch­ti­gen. Die betref­fen­den Daten gel­ten als anony­mi­siert, wenn per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten irrever­si­bel so ver­än­dert wur­den, dass sich die Infor­ma­tio­nen nicht mehr auf eine iden­ti­fi­zier­te oder iden­ti­fi­zier­ba­re natür­li­che Per­son bezie­hen, oder wenn per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten in einer Wei­se anony­mi­siert wur­den, dass die betrof­fe­ne Per­son nicht oder nicht mehr iden­ti­fi­ziert wer­den kann.

In den Pflich­ten aus Art. 5, 6 und 7 DMA ist wei­ter­hin kei­ne Anony­mi­sie­rungs­pflicht ent­hal­ten. Dar­aus ergibt sich dann aber nicht im Umkehr­schluss, dass in allen ande­ren Fäl­len kei­ne Anony­mi­sie­rung erfor­der­lich ist. Art. 13 Abs. 5 DMA sieht die Anony­mi­sie­rung von Daten als geeig­ne­te Maß­nah­me ver­pflich­tend zur Ein­hal­tung der Vor­schrif­ten des Daten­schutz­rechts vor, um die Ein­hal­tung der Ver­ord­nung zu gewähr­leis­ten. Alter­na­tiv muss ein Tor­wäch­ter es ermög­li­chen, dass gewerb­li­che Nut­zer eine für eine Ver­ar­bei­tung erfor­der­li­che Ein­wil­li­gung unmit­tel­bar erhal­ten kön­nen. Letz­te­res wür­de bedeu­ten, dass ein Tor­wäch­ter die gewerb­li­chen Nut­zer “in sein Sys­tem” lässt. Dage­gen kann eine anony­mi­sier­te Auf­be­rei­tung der Daten die bes­se­re Alter­na­ti­ve dar­stel­len. Die­se Vor­schrif­ten ste­hen im Zusam­men­hang mit dem Umge­hungs­ver­bot, das für die Erfül­lung der Pflich­ten der Ver­ord­nung sehr wesent­lich ist.

Mit­tel­bar ergibt sich eine Pflicht zur Anony­mi­sie­rung aus den Dar­le­gungs­pflich­ten im Anhang zum DMA, dort Buchst. B Ziff. 1. Danach müs­sen Unter­neh­men agg­re­gier­te anony­mi­sier­te Daten über die Zahl der ein­deu­ti­gen End­nut­zer pro zen­tra­lem Platt­form­dienst über­mit­teln. Wei­ter­hin müs­sen sie agg­re­gier­te anony­mi­sier­te Daten über die Zahl der ein­deu­ti­gen Nut­zer außer­halb von Umge­bun­gen über­mit­teln, bei denen sich Nut­zer regis­trie­ren oder anmelden.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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