In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift GRUR Int. habe ich mit David Saive gemeinsam einen Aufsatz unter dem Titel „Antitrust by Design – The prohibition of anti-competitive coordination and the consensus mechanism of the blockchain“ veröffentlicht. Der Beitrag geht auf einen sehr intensiven wissenschaftlichen Austausch zurück, in dem ich sehr viel gelernt habe. Bevor wir ihn in der Zeitschrift veröffentlicht haben, waren wir damit bereits für die concurrences antitrust writing awards nominiert.
Doch was bedeutet eigentlich Antitrust by Design? Ganz stark verkürzt stellt dies Widerspruch und Anspruch zugleich dar. Widerspruch in der Form, dass wir die Herausforderungen einer wirksamen behördlichen Kartellrechtsdurchsetzung bei Technologien besprechen, die im Wesentlichen einen Konsens zwischen den Beteiligten herstellen sollen. Dies kann insbesondere – aber nicht abschließend – bei vielen Blockchain- oder Distributed-Ledger-Technologien der Fall sein. Hier wird immer wieder zugespitzt dargestellt, es sei „die Blockchain unveränderlich“. Was ist dann aber mit einer wirksamen Durchsetzung kartellrechtlich bedingter Unterlassungsverfügungen? Können diese überhaupt durchgesetzt werden und wenn ja, gegenüber wem, wenn doch sogar alle Teilnehmer an dem Netzwerk möglicherweise Inhaber wettbewerbssensitiver Informationen sind? Dies führt wiederum zu der zweiten Aussage, „by Design“ meint Anspruch. Damit sind nicht etwa unmittelbar zivilrechtliche Ansprüche in dem Sinne gemeint, dass jemand von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen kann. Vielmehr geht es um die Anspruchshaltung im Sinne einer Erwartung an eine wirksame Compliance. Wie kann diese von Unternehmen bei bestimmten Technologien oder Projekten noch eingehalten werden, wenn hierbei der Konsens unbedingt mitbestimmend ist? Und viel wichtiger aus dogmatischer Sicht: Wie verträgt sich dies noch mit der Freiheit des Wettbewerbs?
Eine Lösung kann darin liegen, Konsensmechanismen von Vorneherein in die Gestaltung der Compliance mit aufzunehmen. Konsens und damit Vertrauen würde damit nur solange und soweit hergestellt, wie dies noch durch das Kartellrecht erlaubt ist. Gemeint ist also die Selbstverständlichkeit, geltendes Kartellrecht einzuhalten. Die wirksame Compliance würde also in die Technologie aufgenommen oder programmiert, sodass es bereits nicht zu wettbewerbsbeschränkenden Abstimmungen oder Informationsaustauschen kommen kann. Antitrust by Design bezieht sich also auf die grundsätzliche Aussage „Anti-Trust“ und soll ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der Unternehmen verhindern, das zu einem nicht mehr erlaubten Vertrauen führt. In der Praxis kann dies sogar bedeuten, dass prophylaktisch diejenigen Maßnahmen gefunden werden müssen, die in jedem Fall kartellrechtlich unzulässig wären. Aber auch darüber hinaus müssen die technischen Systeme und Software so ausgestaltet werden, dass sie bereits auf eine proaktiven Ebene compliant sind und nicht erst eine Reaktion auf bereits verwirklichte Abstimmungen oder Informationsaustausche darstellen. Wer das noch etwas näher nachlesen will, dem empfehle ich außerdem meinen Aufsatz in der Zeitschrift InTeR (Dezember-Ausgabe 2018).