Im Oktober 2022 bin ich von der Rechtsanwaltskammer Hamm zum Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht ernannt worden.
Was bietet der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht?
Auf den ersten Blick zeichnet sich dieser Fachanwalt durch die namensgebende Internationalität und seine Schnittstellen in verschiedene Rechtsbereiche aus. Es gibt ihn noch nicht besonders lange. Er sollte eine zusätzliche Fachanwaltsbezeichnung für diejenigen Anwältinnen und Anwälte einführen, die vor allem grenzüberschreitend beraten. Die Liste der möglichen berührten Rechtsgebiete in § 14n FAO zeigt dann allerdings auch schon, dass es den einen Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht wohl eher nicht gibt. Diese Vorschrift einmal in der Übersicht:
§ 14n Für das Fachgebiet internationales Wirtschaftsrecht sind besondere Kenntnisse nachzuweisen in den Bereichen:
1. Kollisionsrecht (IPR) der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse,
2. Internationales Zivilprozess- und Schiedsverfahrensrecht,
3. International vereinheitlichtes Handelsrecht,
4. International vereinheitlichtes Gesellschaftsrecht,
5. Europäisches Beihilfen- und Wettbewerbsrecht,
6. Grundzüge der Regelungen zur Korruptions‑, Betrugs- und Geldwäschebekämpfung im internationalen Rechtsverkehr,
7. Grundzüge im internationalen Steuerrecht,
8. Grundzüge der Rechtsvergleichung.
https://www.brak.de/fileadmin/02_fuer_anwaelte/berufsrecht/fao-stand-01.06.2022.pdf
Es ist also gut möglich, dass es Kolleg:innen gibt, die einen sehr starken Fokus auf Im- und Export von Waren haben. Andere haben vielleicht einen sehr stark steuer- oder strafrechtlichen Bezug, gemischt mit gesellschaftsrechtlichen Fragen. Und schließlich zählt das Wettbewerbsrecht zu den Kerngebieten dieses Fachanwalts. Das war auch der Grund, weshalb ich mich mit meinem Schwerpunktprofil dafür entschieden habe.
Welche Voraussetzungen hat der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht?
Um den Fachanwaltstitel zu erlangen, muss man zunächst einen Lehrgang mit einer Gesamtdauer von 120 Stunden absolvieren sowie drei schriftliche Abschlussarbeiten bestehen. Das ist der sogenannte theoretische Teil. Allerdings hat man noch nichts erreicht, allein weil man diesen Lehrgang absolviert hat. Außerdem muss man nämlich die besondere praktische Erfahrung in dem jeweiligen Gebiet nachweisen. Dies erfolgt durch die Vorlage einer Fallliste. Welche Fälle dabei berücksichtigt werden, schreibt für den Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht § 5 Abs. 1 lit. u FAO vor:
§ 5 (1) Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat:
u) Internationales Wirtschaftsrecht: 50 Fälle aus den in § 14n genannten Bereichen, davon mindestens 5 rechtsförmliche Verfahren vor deutschen oder ausländischen (einschließlich EU) Gerichten und Behörden. Die Fälle müssen sich auf mindestens 3 verschiedene Bereiche des § 14n beziehen, dabei mindestens 15 Fälle aus den Bereichen des § 14n Nr. 3, 4 oder 5.
https://www.brak.de/fileadmin/02_fuer_anwaelte/berufsrecht/fao-stand-01.06.2022.pdf
Diese Fallliste ist die für meisten Fachanwält:innen die größere Hürde. Denn es ist nicht immer so einfach, die jeweils einschlägigen Fälle zu haben. Die vorausgesetzten Zahlen schwanken dabei bei den unterschiedlichen Fachanwaltsbezeichnungen. In vielen Kanzleien mit mehreren Kolleg:innen ist es möglich und üblich, sich gegenseitig zu unterstützen und die jeweiligen Fälle so zuzuteilen, dass jeweils die Person die ausreichenden Fälle erhält, die den Antrag stellen möchste. Ich konnte hier zum Glück auf eine solide Anzahl vorwiegend kartellrechtlicher Mandate zurückgreifen, einige davon mit einem Verfahrenshintergrund. Hinzu kamen einige Fälle aus dem Beihilferecht und dem Vertriebsrecht. Garniert wurde dies stets mit Fragen zum jeweils anwendbaren Recht und der internationalen Zuständigkeit. Selbst im tiefen Telekommunikationsrecht stellten sich Spezialfragen zur Anwendung des jeweiligen materiellen Rechts.
Wie passt dieser Fachanwalt fachlich zu meinen Schwerpunkten Kartellrecht und Telekommunikationsrecht?
Beides beschäftigt sich mit dem Marktordnungsrecht, das erste allgemein und das zweite sektorspezifisch. Beides gehört zum Wettbewerbsrecht und Europäisches Wettbewerbsrecht ist gemäß § 5 Abs. 1 lit. u S. 2 FAO i.V.m. § 14n Nr. 5 FAO Kernmaterie des Fachanwalts für internationales Wirtschaftsrecht. Die allermeisten meiner Fälle bewegen sich hier, hinzu kam noch einiges im Beihilfenrecht und Vertriebsrecht. Überspannt wird dies ständig mit Anwendungs- und Durchsetzungsfragen, die sich stets auch auf die jeweilige Jurisdiktion beziehen. Dieser Fachanwalt ist also eine gute Ergänzung zu meiner bisherigen Tätigkeit.