Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men sind auf die Benut­zung öffent­li­cher Wege und Infra­struk­tu­ren ange­wie­sen. Zu die­sem Zweck erhal­ten sie Wege­rech­te, die ihnen vom Bund über­tra­gen wer­den. Typi­sche Fra­gen mei­ner Bera­tung im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht betref­fen dabei die inhalt­li­chen Bedin­gun­gen etwa­iger Wege­rech­te sowie deren recht­mä­ßi­ge Aus­übung. Aber es kann auch um Kos­ten­er­stat­tung gehen, zwi­schen pri­va­ten Unter­neh­men wie auch gegen­über dem Staat. Um letz­te­res ging es in einer aktu­el­le­ren Ent­schei­dung des Ham­bur­gi­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom vom 18.11.2019 (Az.: 3 Bf 168/14).

Zunächst: Was war der Anlass der gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung? Die Klä­ge­rin ist ein Unter­neh­men, das in Ham­burg an einer öffent­li­chen Stra­ße ver­leg­te Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen inne­hat. Die­se Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en waren einer spä­te­ren Siel­bau­maß­nah­me der Anstalt Ham­bur­ger Stadt­ent­wäs­se­rung im Weg. Grob ver­kürzt han­delt es sich dabei um einen Kanal zur Ablei­tung von Was­ser aus der Hafen­stadt. Im Ver­lauf die­ser Bau­maß­nah­me war es not­wen­dig, die bereits vor­han­de­nen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tu­ren der Klä­ge­rin zu ver­le­gen. Die Klä­ge­rin ließ die erfor­der­li­chen hand­werk­li­chen Maß­nah­men durch ein Unter­neh­men vor­neh­men, das auch an der Siel­bau­maß­nah­me betei­ligt war.

In der Fol­ge ver­lang­te die Klä­ge­rin erfolg­los die Erstat­tung die­ser Kos­ten von der Anstalt Ham­bur­ger Stadt­ent­wäs­se­rung. Es ging um einen höhe­ren fünf­stel­li­gen Betrag. Hier­bei argu­men­tier­te sie zum einen, dass die Siel­bau­maß­nah­me nicht zum Zweck des Wege­baus erfolg­te. Dem­nach sei sie nicht gemäß § 75 Abs. 2 S. 1 TKG pri­vi­le­giert, son­dern es han­de­le sich um eine soge­nann­te „spä­te­re beson­de­re Maß­nah­me“. Für die­se sieht § 75 Abs. 5 TKG einen Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch vor. Die zu klä­ren­de Fra­ge war also, ob es sich bei der Siel­bau­maß­nah­me doch um eine soge­nann­te „bevor­rech­te­te Maß­nah­me“ han­del­te. In die­sem Fall kann die Ver­le­gung der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en von dem Nut­zungs­be­rech­tig­ten auf des­sen Kos­ten ver­langt wer­den; eine Kos­ten­er­stat­tung wäre dann recht­lich nicht möglich.

In der ers­ten Instanz konn­te die Klä­ge­rin mit ihrem Inter­es­se noch teil­wei­se durch­drin­gen, nicht jedoch in der Beru­fung. Denn nach Ansicht des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts han­de­le es sich auch bei der Siel­bau­maß­nah­me um eine pri­vi­le­gier­te Maß­nah­me im Sin­ne der Vor­schrift, da sie aus Grün­den des öffent­li­chen Inter­es­ses, ins­be­son­de­re aus volks­wirt­schaft­li­chen Grün­den oder wegen Ver­kehrs­rück­sich­ten erfolg­te. Auch die zwei­te Vor­aus­set­zung sah das Gericht als erfüllt an, näm­lich dass die Maß­nah­me min­des­tens über­wie­gend unter der über­wie­gen­den Betei­li­gung des Wege­un­ter­halts­pflich­ti­gen erfolgte.

Das öffent­li­che Inter­es­se an der Siel­bau­maß­nah­me begrün­de sich aus dem Ziel der Abwas­ser­be­sei­ti­gung. Es ist dage­gen nicht erfor­der­lich, dass die jewei­li­ge Maß­nah­me auf den Betrieb einer Abwas­ser­an­la­ge beschränkt ist, wie die Klä­ge­rin noch argu­men­tiert hat­te. Es gehe aus­schließ­lich um die Wege­bau­last an dem in Anspruch genom­me­nen Ver­kehrs­weg, nicht um eine Son­der­bau­last an der „beson­de­ren Anla­ge“ selbst. Die Bau­maß­nah­me muss sich also nicht unmit­tel­bar auf den­sel­ben Weg bezie­hen, des­sen Nut­zung für den Betrieb der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­nie erfor­der­lich ist. Das bedeu­tet für die Pra­xis einen wei­ten Anwen­dungs­be­reich der Ein­griffs­mög­lich­kei­ten in das Wege­recht des Unter­neh­mens und sei­ner Inves­ti­tio­nen in die vor­han­de­ne Infrastruktur.

Unbe­acht­lich sieht das Gericht den Ein­wand, nicht der eigent­li­che Trä­ger der Wege­bau­last habe hier gehan­delt, son­dern ein Drit­ter. Denn auch in die­sem Fall lie­ge eine über­wie­gen­de Betei­li­gung der Frei­en und Han­se­stadt Ham­burg vor. Sie habe sich einer Anstalt des öffent­li­chen Rechts bei der Durch­füh­rung bedient. Auch in die­sem Fall kön­ne ein Vor­ha­ben von dem öffent­li­chen Inter­es­se getra­gen sein. Deut­lich wird das Gericht auch bei dem Grund für die­se Pri­vi­le­gie­rung: Das Wege­recht wird ent­spre­chend § 69 Abs. 1 S. 1 TKG i.V.m. § 68 Abs. 1 TKG den Unter­neh­men unent­gelt­lich ein­ge­räumt. Die Unter­neh­men erhal­ten also zunächst einen Vor­teil. Im Gegen­zug müs­sen sie Maß­nah­men des Wege­bau­last­trä­gers dul­den, wenn die­se im öffent­li­chen Inter­es­se lie­gen. Liegt eine Maß­nah­me im öffent­li­chen Inter­es­se, so soll sie nicht durch etwa­ige Kos­ten­er­stat­tungs­an­sprü­che eines wege­nut­zungs­be­rech­tig­ten Unter­neh­mens behin­dert wer­den. Ent­spre­chen­de Kos­ten­nach­tei­le müs­sen von dem Unter­neh­men in Kauf genom­men wer­den, soweit sie nicht unver­hält­nis­mä­ßig sind. Anders ist dies wie­der­um bei Maß­nah­men nach § 75 Abs. 5 TKG, die nicht durch ein öffent­li­ches Inter­es­se getra­gen sind. Tre­ten hier Kol­li­si­ons­fäl­le auf, auf­grund derer die bereits vor­han­de­nen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en ver­legt wer­den müs­sen, so kann das betrof­fe­ne Unter­neh­men die vol­le Erstat­tung der Kos­ten verlangen.

Aber auch bei pri­vi­le­gier­ten Vor­ha­ben ist der Nut­zungs­be­rech­tig­te nicht voll­stän­dig rechts­los und muss kei­nes­falls alle Maß­nah­men vor­be­halt­los auf sei­ne Kos­ten dul­den. Denn zum einen sieht § 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG vor, dass ein Ver­lan­gen nach Ver­le­gung oder Ände­rung der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­nie nur mög­lich ist, wenn die dafür erfor­der­li­chen Kos­ten des Nut­zungs­be­rech­tig­ten nicht unver­hält­nis­mä­ßig sind. Zum ande­ren sieht § 75 Abs. 2 S. 2 TKG vor, dass die Ver­le­gung oder Ände­rung auch bei für das Unter­neh­men unan­ge­mes­se­nen Kos­ten unter der Vor­aus­set­zung ver­langt wer­den kann, dass die Kos­ten in der Höhe erstat­tet wer­den, dass sie im Ergeb­nis wie­der­um ver­hält­nis­mä­ßig sind. Kommt es also zu nach­träg­li­chen pri­vi­le­gier­ten Maß­nah­men, haben die Unter­neh­men jeden­falls die Mög­lich­keit, die für sie anfal­len­de Kos­ten­last gericht­lich über­prü­fen zu lassen.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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