Das Land­ge­richt Mün­chen I hat­te sich im Sep­tem­ber zu einem wei­te­ren Fall geäu­ßert, bei dem ein Unter­neh­men gegen die miss­bräuch­li­che Sper­rung sei­nes Ama­zon-Ver­käu­fer­kon­tos vor­ge­gan­gen war. Es lehn­te sei­ne ört­li­che Zustän­dig­keit ab.

Die inter­na­tio­na­le Zustän­dig­keit war hier kein beson­de­res Pro­blem. Das Gericht stützt dies auf Art. 7 Nr. 2 Brüs­sel-Ia-VO, also Ansprü­che aus uner­laub­ter Hand­lung. Das ist inso­fern erfreu­lich, als dass es sich damit nicht auf die erwart­ba­re Brog­sit­ter-Defence ein­ge­las­sen hat. Die Aus­le­gung des (auch zwi­schen den Par­tei­en bestehen­den) Ver­trags­ver­hält­nis­ses ist für die Ent­schei­dung über die gel­tend gemach­ten Ansprü­che nicht maß­geb­lich. Denn die­se Fäl­le dre­hen sich um die Fra­ge der Miss­bräuch­lich­keit einer der­ar­ti­gen Sper­re durch das markt­be­herr­schen­de bzw. rela­tiv markt­mäch­ti­ge Unter­neh­men Amazon.

Es durf­te also ein deut­sches Gericht ent­schei­den. Den­noch sieht sich das Land­ge­richt Mün­chen I nicht als ört­lich zustän­dig. Denn die Ver­let­zungs­hand­lung rich­te sich gegen den Geschäfts­be­trieb des betrof­fe­nen Ver­käu­fers. Die­ser sei des­halb an sei­nem Sitz zu ver­kla­gen. Dies erge­be sich aus einer ent­spre­chen­den Anwen­dung von Art. 7 Nr. 2 Brüs­sel-Ia-VO, der die Rege­lun­gen der ZPO ver­drängt. Ob man dies so eng bei einem online-basier­ten Ver­mitt­lungs­ge­schäft sehen soll­te, habe ich in einem aktu­el­len Bei­trag für den Juris Pra­xis­Re­port IT-Recht dis­ku­tiert. Denn das schä­di­gen­de Ereig­nis ist nicht allein der ein­ge­schränk­te Geschäfts­be­trieb des Ver­käu­fer an einem bestimm­ten Ort. Mit der Ver­mitt­lung durch die Ama­zon-Platt­form ver­sucht er viel­mehr jeden poten­zi­el­len Käu­fer zu errei­chen und damit am Wett­be­werb teil­zu­neh­men. Eine Sper­re schließt ihn von die­ser Tätig­keit aus und zwar an jedem Ort.

Es ist sehr wahr­schein­lich, dass sich mit die­ser Fra­ge ande­re Gerich­te noch ein­mal dif­fe­ren­zier­ter aus­ein­an­der­set­zen. Aller­dings besteht mitt­ler­wei­le auch kei­ne gro­ße Not, über den flie­gen­den Gerichts­stand ein Gericht aus­zu­wäh­len, das eine beson­ders güns­ti­ge Hal­tung ein­nimmt. Denn seit eini­gen Mona­ten häu­fen sich die Ent­schei­dun­gen, mit denen sich gesperr­te Ver­käu­fer erfolg­reich gegen das Ver­hal­ten der Platt­form zur Wehr setzen.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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