Kommt ein offe­ner Netz­zu­gang nach § 155 Abs. 1 TKG ein­ver­nehm­lich nicht zustan­de, kann die Bun­des­netz­agen­tur im Rah­men eines Streit­bei­le­gungs­ver­fah­rens ange­ru­fen wer­den. Die­se ent­schei­det dann ver­bind­lich und legt unter ande­rem den Preis für den offe­nen Netz­zu­gang fest.

Für die Preis­fest­le­gung gibt das Bei­hil­fe­recht Rah­men­vor­ga­ben. Zunächst sind Bench­marks zu berück­sich­ti­gen, die bereits vor­lie­gen. Das kön­nen bereits fest­ge­leg­te SMP-Ent­gel­te sein, sofern sie über­trag­bar sind. Wei­ter­hin kön­nen das ver­öf­fent­lich­te Ent­gel­te in ver­gleich­ba­ren und wett­be­werb­li­chen Gegen­den sein. Kommt keins die­ser Bench­marks in Betracht, erfolgt die Fest­le­gung nach den Vor­ga­ben der Kos­ten­me­tho­den des Telekommunikationsrechts.

Ver­ein­facht gesagt wür­de dabei der Zugangs­ver­pflich­te­te dar­le­gen, wel­che Kos­ten ihm ent­ste­hen. Auf die­ser Grund­la­ge wür­de ein ange­mes­se­nes Ent­gelt modu­liert. Frag­lich ist aber, wel­che Kos­ten über­haupt ange­setzt wer­den kön­nen. So ist nach­voll­zieh­bar, dass kei­ne Kos­ten berück­sich­tigt wer­den, die in kei­nem Zusam­men­hang mit dem offe­nen Netz­zu­gang oder sogar dem Netz­be­trieb als sol­chem bestehen. Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men, die ein geför­der­tes Netz betrei­ben, zah­len regel­mä­ßig eine Pacht an den kom­mu­na­len Eigen­tü­mer des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes. Die­se Pacht basiert auf ihrem Ange­bot im Auswahlverfahren.

Jetzt die kon­kre­te Fra­ge: Kön­nen die Netz­be­trei­ber die Pacht­hö­he als rele­van­te Kos­ten bei der Preis­be­rech­nung für den offe­nen Netz­zu­gang nach § 155 Abs. 1 TKG anset­zen? Hier­zu hat sich das VG Köln letz­tes Jahr in sei­nem Beschluss vom 15.3.2024 (Az.: 1 L 2288/23) wie folgt geäußert:

“Zuzu­stim­men ist der Beschluss­kam­mer 11 aller­dings dar­in, dass die von der Antrag­stel­le­rin auf­grund des Pacht- und Betriebs­ver­tra­ges an die U. Main-Kin­zig GmbH zu zah­len­de monat­li­che Pacht bei der Fest­le­gung der Bedin­gun­gen ein­schließ­lich der Ent­gel­te nach § 149 Abs. 4, Abs. 1 Nr. 5 TKG nicht, jeden­falls nicht voll­stän­dig berück­sich­tigt wer­den kann (Rn. 135 ff. des Beschlus­ses). Denn eine Berück­sich­ti­gung die­ser Pacht­kos­ten wür­de – jeden­falls in der vor­lie­gen­den Form des Betrei­ber­mo­dells, in der eine Pacht pro geschal­te­tem End­kun­den­an­schluss gezahlt wird und damit im Wesent­li­chen die Eigen­tü­me­rin des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes das wirt­schaft­li­che Risi­ko der Aus­las­tung trägt – Sinn und Zweck der Bei­hil­fe unter­lau­fen. Andern­falls könn­te der Bie­ter im Ver­ga­be­ver­fah­ren eine belie­big hohe Pacht bie­ten, weil er die­se ohne wirt­schaft­li­ches Risi­ko sowohl auf Vor­leis­tungs­ebe­ne als auch auf End­kun­de­nebe­ne wei­ter­ge­ben könn­te. Letzt­lich wür­de dann durch sehr hohe End­kun­den­prei­se die Nach­fra­ge vor­aus­sicht­lich mini­mal aus­fal­len und das mit öffent­li­chen Gel­dern finan­zier­te Netz im Wesent­li­chen unge­nutzt blei­ben. Die Außer­acht­las­sung der Pacht­kos­ten bei der Fest­le­gung der Vor­leis­tungs­prei­se führt auch nicht zu einer unzu­mut­ba­ren Belas­tung der Betrei­ber. Denn nach dem bei­hil­fe­recht­li­chen Rege­lungs­rah­men sol­len die spä­ter zu ver­ein­ba­ren­den Vor­leis­tungs­prei­se im Zeit­punkt des Betrei­ber­aus­wahl­ver­fah­rens bereits (jeden­falls annä­hernd) kal­ku­lier­bar sein. Die­se Über­le­gun­gen dürf­ten auch für die Fest­set­zung der Vor­leis­tungs­prei­se im Ein­klang mit den Grund­sät­zen der Kos­ten­ori­en­tie­rung und nach der Metho­de, die der sek­to­ra­le Rechts­rah­men vor­gibt, gelten.”

Über den Autor

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Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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