Zugang zu Daten kann eine wichtige Voraussetzung für einen wettbewerblichen Auftritt von Unternehmen sein. Wird ein solcher nicht gewährt, wird häufig der Marktzutritt erheblich erschwert. Deshalb gibt es im allgemeinen Kartellrecht etwa die Möglichkeit, Dateninhaber zur Bereitstellung von Daten zu zwingen. Diese Beziehung wird gelegentlich als Business-to-Business-Data (B2B) beschrieben. Nicht erfasst ist davon die Beziehung, dass staatliche oder öffentliche Stellen Inhaber der Daten sind, zu denen Unternehmen Zugang begehren (Governance-to-Business-Data — G2B).
Der Data Governance Act sieht einige Neuerungen vor. Entscheiden sich öffentliche Stellen dafür, von ihnen gehaltende Daten zur Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen, so müssen sie nach den Art. 3 ff. DGA bestimmte Regeln einhalten. Öffentliche Stellen umfasst folgende Einrichtungen:
- der Staat
- Gebietskörperschaften
- Einrichtungen des öffentlichen Rechts
- Verbände, die aus einer oder mehreren Körperschaften oder einer oder mehreren dieser Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen
Dieser Beitrag stellt die Möglichkeiten dar, wie sich Unternehmen gegen eine Zugangsverweigerung ausnahmsweise wehren können.
Um welche Daten geht es?
Öffentliche Stellen verfügen über zahlreiche Daten. Diese entstehen aus der Erfüllung ihrer Aufgaben heraus. So müssen öffentliche Stellen etwa bestimmte Zwecke erfüllen und dafür Daten erheben und verarbeiten. Zu den Daten zählen dann etwa personenbezogene Daten, die ausschließlich nach den Vorgaben des Datenschutzrechts verarbeitet werden dürfen.
Zahlreiche Daten haben jedoch keinen Personenbezug, sondern sind nach anderen Vorgaben geschützt. Für diese sieht der DGA bestimmte Regelungen vor. Dazu zählen etwa Daten, die Betriebs‑, Berufs- oder Unternehmensgeheimnisse darstellen oder unter die statistische Geheimhaltung fallen oder dem Schutz geistigen Eigentums Dritter unterliegen. Für diese kann ein gesteigertes Interesse bestehen, dass diese Daten neben ihrem ursprünglichen Zweck weiter verwendet werden. Gleichzeitig darf der Schutz dieser Daten nicht verringert werden. Deshalb sehen die Art. 3 ff. DGA besondere Vorgaben für die Weiterverwendung vor.
Einige Daten sind ausdrücklich vom Anwendungsbereich des DGA ausgenommen. Dazu zählen zunächst Daten, die im Besitz öffentlicher Unternehmen sind. Für diese gilt wiederum das allgemeine Kartellrecht, das an einigen Stellen strenger ist, insbesondere nämlich hinsichtlich der Freiwilligkeit der Datenlieferung. Sofern also etwa Einrichtungen nicht von den DGA-Regelungen zur Weiterverwendung erfasst sind, weil sie nicht überwiegend von anderen öffentlichen Stellen finanziert werden, unterfallen sie aufgrund ihrer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit dem kartellrechtlichen Unternehmensbegriff.
Auch nicht erfasst sind Daten, die der Wahrnehmung eines öffentlichen Sendeauftrags dienen oder im Besitz von Kultur- und Bildungseinrichtungen sind, da hier regelmäßig Rechte des geistigen Eigentums betroffen sind. Ausgenommen ist zudem eine Weiterverwendung von Daten, wenn diese aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der Landesverteidigung oder der nationalen Sicherheit geschützt sind und schließlich, wenn die Daten nicht unter den jeweiligen Auftrag der öffentlichen Stelle fällt.
Wann muss ein Zugang zur Weiterverwendung gewährt werden?
Für Unternehmen ist der DGA auf den ersten Blick wenig hilfreich. Denn Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 DGA sagt deutlich, dass die öffentlichen Stellen keine Pflicht zur Erlaubnis einer Weiterverwendung trifft. Im Grundsatz gilt also, dass die Verordnung die öffentlichen Stellen also nicht zur Öffnung zwingt.
Hierzu gibt es zwei Ausnahmen. Als erstes könnte eine öffentliche Stelle aufgrund eines besonderen Gesetzes zur Öffnung gezwungen werden. Dann würde der Vorrang der sektorspezifischen Regelung gelten, die um Regelung zur Weiterverwendung nach den Art. 3 ff. DGA ergänzt würde. Zweitens sieht die Verordnung selbst Vorgaben vor, die öffentliche Stellen einzuhalten haben, wenn sie die Weiterverwendung ermöglichen. Unter anderem sind Ausschließlichkeitsvereinbarungen gemäß Art. 4 Abs. 1 DGA grundsätzlich verboten. Ausschließlichkeit bedeutet aber, dass ein anderer vorrangig behandelt wird. Dazu zählt hiernach auch, dass es keine Differenzierung zwischen kommerziellen, nicht-kommerziellen und wissenschaftlichen Weiterverwendungszwecken gibt. Das ergibt sich auch aus Art. 2 Nr. 2 DGA, wonach sowohl kommerzielle wie nicht-kommerzielle Zwecke unter die Weiterverwendung fallen.
Wenn aber eine öffentliche Stelle die Weiterverwendung erlaubt, so müssen die Bedingungen dafür gemäß Art. 5 Abs. 2 DGA unter anderem nichtdiskriminierend sein und dürfen nicht der Behinderung des Wettbewerbs dienen. Schließt also eine öffentliche Stelle nur bestimmte Unternehmen aus, ohne dass dafür ein sachlicher Grund besteht, so ist dies schon nach dem DGA rechtswidrig. Zusätzlich verstößt sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Betroffene Unternehmen können dann einen Anspruch auf Gleichbehandlung durchsetzen. Sofern also öffentliche Stellen Daten nur zu wissenschaftlichen Zwecken bereitstellen und kommerzielle Zwecke ausschließen und hierfür keine ausdrückliche Rechtfertigung besteht, müssen sie ebenso Unternehmen gleich behandeln.
Wie wird die Zulassung zur Weiterverwendung ausgestaltet?
Zunächst sieht Art. 5 Abs. 1 DGA eine formelle Anforderung vor: Danach müssen die Bedingungen für die Erlaubnis und das Verfahren öffentlich sein. Art. 5 Abs. 2 DGA sieht die wichtigsten materiell-rechtlichen Vorgaben vor: Die Bedingungen der Zulassung müssen nichtdiskriminierend, transparent, verhältnismäßig und objektiv gerechtfertigt sein. Nicht verhältnismäßig oder objektiv gerechtfertigt wären etwa zusätzliche Verfahrensanforderungen oder Nachweise, die ein nachfragendes Unternehmen erbringen müsste, ebenso wie eine persönliche Vor-Ort-Beantragung des Weiterverwenders. Auch muss die öffentliche Stelle besonders auf die Kosten achten. Sie dürfte also nicht etwa gezielt eine Anforderung wie etwa eine DIN-Zertifizierung erfinden, die in der Folge erhebliche Zulassungskosten verursachen könnte. Gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 2 DGA dürfen die Bedingungen zudem nicht der Behinderung des Wettbewerbs dienen. Hier lassen sich allgemeine wettbewerbliche Grundsätze übertragen. Wegen der Freiheit zur Erlaubnis und der fehlenden Anwendung des Kartellrechts gilt hierbei jedoch die Entscheidung, allgemein keinen Zugang zum Zweck der Weiterverwendung zu erlauben, nicht als Wettbewerbsbehinderung.
Im Grundsatz kann die Zulassung zur Weiterverwendung über einen Verwaltungsakt erfolgen. Etwas anderes gilt aber wegen Art. 5 Abs. 10 DGA, wenn der Weiterverwender beabsichtigt, die geschützten Daten in ein Drittland zu übertragen. Nach dieser Vorschrift muss sich der Weiterverwender vertraglich gegenüber der öffentlichen Stelle auf bestimmte zusätzliche Schutzvorgaben verpflichten und die internationale Zuständigkeit ihres Sitzlandes für alle Streitigkeiten anerkennen. Diese vertragliche Verpflichtung kann dann in Deutschland etwa über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgebildet werden.
Welche Möglichkeiten für Rechtsschutz bestehen?
Gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 1 DGA hat jede natürliche oder juristische Person einen wirksamen Rechtsbehelfsanspruch in dem Mitgliedstaat, in dem die betreffende öffentliche Stelle ihren Sitz hat, die über einen Antrag nach Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 DGA entscheidet, wenn diese Person direkt betroffen ist. Das bezieht sich einerseits auf Rechtsbehelfe von Unternehmen, die einen Schutz der Daten für sich beanspruchen. Andererseits sind davon auch Unternehmen erfasst, die eine für sich günstige Entscheidung über die Zulassung zur Weiterverwendung begehren.
Ergänzend kann ein Unternehmen in Deutschland nach allgemeinen Grundsätzen Verwaltungsrechtsschutz begehren, wenn es von einer Entscheidung betroffen ist. Allgemein ist die Verpflichtungsklage statthaft, wenn eine Zulassung in Form eines Verwaltungsaktes begehrt wird. Soll die Weiterverwendung auch in ein Drittland erfolgen und müsste dafür eine vertragliche Verpflichtung abgeschlossen werden, so wöre die allgemeine Leistungsklage statthaft. Erlässt eine öffentliche Stelle Nebenbestimmungen, so sind diese isoliert anfechtbar.
Grundsätzlich müsste vorher schon wegen Art. 9 Abs. 1 DGA ein vorheriger Antrag bei der Stelle gestellt werden. Dieser Antrag muss grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten beschieden werden. Dabei ist aktuell noch offen, ob hierdurch die Möglichkeit besteht, schon direkt nach diesen zwei Monaten Klage zu erheben. Sofern dies nicht für die jeweils zuständige öffentliche Stelle ausgeschlossen ist, müsste vor Erhebung einer Klage noch ein erfolgloses Widerspruchsverfahren durchgeführt werden.
Insgesamt zeigt sich hierbei aber, dass auch im Bereich der öffentlichen Stellen mittlerweile Möglichkeiten zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen besteht. Im Ergebnis gibt es damit einen Gleichlauf mit dem Kartellrecht und sektorspezifischen Datenzugangsansprüchen.