Ende Juni 2025 hat der Bun­des­tag den bis­he­ri­gen Geset­zes­ent­wurf über eine Ände­rung des TKG beschlos­sen. Mehr dazu fin­den Sie hier über die Web­sei­te des Deut­schen Bun­des­ta­ges.

Die Annah­me erfolg­te ohne Ände­run­gen am Ent­wurf. Damit wird vor allem das soge­nann­te über­ra­gen­de öffent­li­che Inter­es­se ange­nom­men. Die­ses wird sich begriff­lich jetzt sowohl auf Glas­fa­ser wie auf Mobil­funk erstre­cken. Das Gesetz wird am Tag nach der Ver­kün­dung in Kraft tre­ten. Auf­ge­nom­men wird ein neu­er § 1 Abs. 1 S. 2 TKG.

Neu­er Wort­laut des § 1 Abs. 1 TKG 2025Bis­he­ri­ger Wort­laut des § 1 Abs. 1 TKG 2021
(1) Zweck die­ses Geset­zes ist es, durch tech­no­lo­gie­neu­tra­le Regu­lie­rung den Wett­be­werb im Be-reich der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on und leis­tungs­fä­hi­ge Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tu­ren zu för­dern und flä­chen­de­ckend ange­mes­se­ne und aus­rei­chen­de Dienst­leis­tun­gen zu gewähr­leis­ten. Die Ver­le­gung und die Ände­rung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en zum Aus­bau von öffent­li­chen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen lie­gen bis zum Ablauf des 31. Dezem­ber 2030 im über­ra­gen­den öffent­li­chen Inter­es­se.(1) Zweck die­ses Geset­zes ist es, durch tech­no­lo­gie­neu­tra­le Regu­lie­rung den Wett­be­werb im Bereich der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on und leis­tungs­fä­hi­ge Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tu­ren zu för­dern und flä­chen­de­ckend ange­mes­se­ne und aus­rei­chen­de Dienst­leis­tun­gen zu gewähr­leis­ten.”

Inter­es­sant sind hier­zu ins­be­son­de­re die Begrün­dun­gen des Gesetz­ge­bers in der BT-Drucks. 21/319. Die­se sind neben dem aus­drück­li­chen Wort­laut der geän­der­ten Vor­schrif­ten vor allem für den Zweck und die His­to­rie relevant.

Laut der Geset­zes­be­grün­dung soll das über­ra­gen­de öffent­li­che Inter­es­se für den Aus­bau von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen “fest­ge­stellt” wer­den. Die­se Fest­stel­lung soll für Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren bei der Abwä­gung unter­schied­li­cher Belan­ge “in der Regel” Vor­ha­ben zum Netz­aus­bau den Vor­rang ein­räu­men. Damit soll der Ver­fah­rens- und Geneh­mi­gungs­pro­zess deut­lich beschleu­nigt wer­den und wei­ter­hin soll dies den Nach­hal­tig­keits­zie­len der Bun­des­re­gie­rung ent­spre­chen. Die­se verlangen,

eine hoch­wer­ti­ge, ver­läss­li­che, nach­hal­ti­ge und wider­stands­fä­hi­ge Infra­struk­tur auf­zu­bau­en, ein­schließ­lich regio­na­ler und grenz­über­schrei­ten­der Infra­struk­tur, um die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung und das mensch­li­che Wohl­erge­hen zu unter­stüt­zen, und dabei den Schwer­punkt auf einen erschwing­li­chen und gleich­be­rech­tig­ten Zugang für alle zu legen.

Unmit­tel­bar zu dem neu­en Wort­laut des § 1 Abs. 1 S. 2 TKG sagt die Begrün­dung eini­ge sehr inter­es­san­te Sät­ze zu dem Zweck. So unter­strei­che die Defi­ni­ti­on der Ver­le­gung und Ände­rung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en als im über­ra­gen­den öffent­li­chen Inter­es­se lie­gend die Bedeu­tung die­ses Belangs gera­de auch im Inter­es­se einer beschleu­nig­ten Pla­nung und Geneh­mi­gung. Es han­delt sich dabei um kei­ne redak­tio­nel­le Lapal­lie, son­dern es dürf­te aus­drück­lich nicht nur um die Geneh­mi­gung, son­dern auch die Pla­nung gehen. Das bedeu­tet etwa, dass die Kom­mu­nen das über­ra­gen­de öffent­li­che Inter­es­se bereits bei einer Pla­nung berück­sich­ti­gen müs­sen und inner­halb ihrer Pla­nungs­spiel­räu­me ange­mes­sen wür­di­gen müs­sen. Ansons­ten könn­te es also Pla­nungs­feh­ler geben. Über die­sen Zweck hin­aus lässt sich dem ent­neh­men, dass das über­ra­gen­de öffent­li­che Inter­es­se auch einer von Kom­mu­nen ange­maß­ten Pla­nung wider­spricht. Hier­zu hat­ten wir vor eini­ger Zeit schon ein­mal geschrie­ben, war­um Kom­mu­nen etwa kei­ne Befug­nis zur Koor­di­nie­rung von Bau­ar­bei­ten im Rah­men von § 127 TKG haben. Das gilt jetzt noch ein­mal mehr.

Wei­ter­hin defi­niert der Gesetz­ge­ber ein zeit­li­ches Ziel, näm­lich bis Ende 2030. Dann sol­len nach der Erwar­tung der Bun­des­re­gie­rung ihre Zie­le aus dem Koali­ti­ons­ver­trag umge­setzt wor­den sein. Dem Zweck nach soll eine erst­klas­si­ge, res­sour­cen- und ener­gie­ef­fi­zi­en­te flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung mit Glas­fa­ser und dem neu­es­ten Mobil­funk­stan­dard für Staat, Wirt­schaft und Gesell­schaft in Deutsch­land erreicht werden.

Die Begrün­dung stellt dann bei­spiel­haft auf die Coro­na-Pan­de­mie, die Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe im Som­mer 2021 und den Ukrai­ne-Krieg ab, um die Rele­vanz von leis­tungs­fä­hi­gen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen für das öffent­li­che Inter­es­se her­aus­zu­he­ben. Die Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze die­nen der öffent­li­chen Daseins­vor­sor­ge und der Hand­lungs­fä­hig­keit öffent­li­cher Struk­tu­ren sowie der funk­tio­nie­ren­den Kom­mu­ni­ka­ti­on und dem Infor­ma­ti­ons­zu­gang sowohl der Bürger:innen als auch des Staa­tes und der Wirt­schaft. Die­ses öffent­li­che Inter­es­se umfas­se danach Folgendes:

  1. Umfas­sen­der Aus­bau, was man ange­sichts der ange­spro­che­nen Zwe­cke sowohl in der Flä­che als auch in der Tie­fe und Dich­te ver­ste­hen kann.
  2. Mög­lichst rascher Aus­bau, was auf den vor­her genann­ten Betrieb durch pri­va­te Unter­neh­men im öffent­li­chen Inter­es­se abzielt. Das lässt sich so ver­ste­hen, dass die öffent­li­che Hand den raschen Aus­bau von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en durch pri­va­te Unter­neh­men unge­stört zu erfül­len hat. Zeit­li­che Ver­zö­ge­run­gen oder ande­re Stö­run­gen müs­sen also unterbleiben.
  3. Geziel­te Moder­ni­sie­rung, was auf die stän­di­ge Wei­ter­ent­wick­lung abzielt. Auch hier sol­len pri­va­te Unter­neh­men nicht beein­träch­tigt werden.

Die Ver­le­gung und die Ände­rung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en zum Aus­bau von öffent­li­chen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen dient also nicht allein dem unter­neh­me­ri­schen Zweck, son­dern auch dem öffent­li­chen Inter­es­se. Dabei kann dem wider­um nicht ent­nom­men wer­den, dass sich die pri­va­ten Unter­neh­men einem bestimm­ten öffent­li­chen Zweck wid­men müss­ten. Die Ent­schei­dung über das Ob und das Wie eines Aus­baus steht in ihrem eige­nen unter­neh­me­ri­schen Ermes­sen. Das geht ins­be­son­de­re aus dem Wort­laut her­vor, der aus­drück­lich jeg­li­che Ver­le­gung und Ände­rung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en erfasst, sofern sie dem Aus­bau von öffent­li­chen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen dienen. 

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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