Öffent­li­chen Zwe­cken die­nen­de Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en unter­fal­len nicht dem Regime des Stra­ßen­rechts. Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men kön­nen also grund­sätz­lich auf ihren Schalt­schrän­ken Wer­bung anbrin­gen, ohne dabei eine stra­ßen- und wege­recht­li­che Son­der­nut­zungs­er­laub­nis bean­tra­gen zu müs­sen. Dies hat nun das OVG vor kur­zem ent­schie­den (Beschl. v. 13.5.2020, Az. 11 A 4111/19) und damit eine Ent­schei­dung des VG Min­den bestä­tigt. Inhalt­lich ging es um einen Antrag auf Zulas­sung der Beru­fung, den das OVG abge­lehnt hat. Damit bleibt es bei der Ent­schei­dung des VG Min­den, das vor­her dem kla­gen­den Unter­neh­men zuge­stimmt hatte.

Die Hin­ter­grün­de: Ein Unter­neh­men der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­bran­che ist Inha­be­rin von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en, hier Schalt­schrän­ken am Stra­ßen­rand. Als Betrei­be­rin oder Eigen­tü­me­rin der damit ver­bun­de­nen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze hat es die Mög­lich­keit genutzt, vom Bund gemäß § 69 Abs. 1 TKG ein Wege­recht an den damit ver­bun­de­nen Flä­chen zu erhal­ten. Die­se Mög­lich­keit besteht, weil der Bund gemäß § 68 Abs. 1 TKG ein grund­sätz­li­ches Wege­recht inne­hat, sofern die­ses für Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en erfor­der­lich ist. Das Unter­neh­men brach­te Wer­bung auf sei­nen Schalt­schrän­ken an. Dies unter­sag­te ihr die ört­li­che Stra­ßen­bau­be­hör­de. Der Grund: Es han­de­le sich um eine erlaub­nis­pflich­ti­ge Son­der­nut­zung des öffent­li­chen Straßenraums.

Das betrof­fe­ne Unter­neh­men wand­te sich gegen die­ses Vor­ge­hen und bekam schließ­lich beim Ver­wal­tungs­ge­richt Min­den Recht. Da das Gericht die Beru­fung gegen die­se Ent­schei­dung nicht zuge­las­sen hat­te, blieb der Beklag­ten nur noch die Mög­lich­keit, einen Antrag auf Zulas­sung zur Beru­fung zu stel­len. Die­sen lehn­te nun das zustän­di­ge OVG Müns­ter als nächs­te Instanz ab. Die recht­li­che Begrün­dung ist so über­schau­bar wie nach­voll­zieh­bar: Das für NRW gel­ten­de Stra­ßen- und Wege­recht ist auf das tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht­li­che Wege­recht nicht anwend­bar. Es han­delt sich also um eine Son­der­vor­schrift, die der Behör­de auch ihre Ein­griffs­be­fug­nis­se schmä­lert. Die Schalt­schrän­ke sind Bestand­tei­le der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en und damit eben­so von dem Wege­recht erfasst. Dazu einen prä­gnan­ten Absatz aus der Entscheidung:

[Rn. 11] Für die öffent­li­chen Zwe­cken die­nen­den Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en ist der Bund gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 TKG befugt, Ver­kehrs­we­ge unent­gelt­lich zu benut­zen, soweit dadurch nicht der Wid­mungs­zweck der Ver­kehrs­we­ge dau­ernd beschränkt wird (Nut­zungs­be­rech­ti­gung). Die­se Nut­zungs­be­rech­ti­gung über­trägt der Bund nach § 69 Abs. 1 TKG durch die Bun­des­netz­agen­tur auf Antrag an die Eigen­tü­mer oder Betrei­ber öffent­li­cher Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze oder öffent­li­chen Zwe­cken die­nen­der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en. Mit Blick auf sol­che Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en ent­steht zwi­schen dem Lizenz­neh­mer und dem jewei­li­gen Bau­last­trä­ger ein öffent­lich-recht­li­ches Benut­zungs­ver­hält­nis nach Maß­ga­be der Vor­schrif­ten des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­set­zes, das einen Rück­griff auf die all­ge­mei­nen Rege­lun­gen des Stra­ßen­rechts ausschließt.

Soweit der Nut­zungs­zweck der Ver­kehrs­we­ge für die Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en nicht über­schrit­ten wer­de, lie­ge auch kei­ne Son­der­nut­zung nach § 18 StrWG NRW vor. Es kom­me auch nicht dar­auf an, dass sich der Inha­ber eines Wege­rechts allein auf die Erbrin­gung von Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst­leis­tun­gen beschrän­ke. Denn auch durch auf­ge­brach­te Wer­bung ver­liert ein Schalt­schrank nicht sei­ne Zweckbestimmung.

Aller­dings kann auch Wer­bung auf Schalt­schrän­ken ihre Gren­zen im StrWG fin­den, wie der OVG-Senat in Rn. 22 am Ende klarstellt:

[Rn. 22] Im Übri­gen geht auch der beschlie­ßen­de Senat davon aus, dass an Schalt­käs­ten ange­brach­te Wer­bung einer Son­der­nut­zungs­er­laub­nis bedarf, sofern sie ihrer­seits ‑ ohne Berück­sich­ti­gung des vom Stra­ßen­recht nicht erfass­ten Schalt­kas­tens ‑ den Gemein­ge­brauch ande­rer Stra­ßen­nut­zer nicht nur uner­heb­lich beeinträchtigt.

Damit ent­kräf­tet das OVG auch das Argu­ment der Behör­de, es bestün­den ande­ren­falls kei­ne Mög­lich­kei­ten, gegen von ihr soge­nann­te „sach­frem­de Tätig­kei­ten“ vor­zu­ge­hen. Denn die Stra­ßen­bau­be­hör­den kön­nen hier­nach grund­sätz­lich kei­ne Wer­be­maß­nah­men auf oder an Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en unter­sa­gen. Es muss sich viel­mehr um eine beson­de­re Beein­träch­ti­gung han­delt, damit die Stra­ßen­bau­be­hör­de über­haupt noch auf­grund ihrer Befug­nis ein­grei­fen darf. Das bedeu­tet, dass die Behör­de Tat­sa­chen ermit­teln müss­te, aus denen sich eine der­ar­ti­ge nicht nur uner­heb­li­che Beein­träch­ti­gung erge­be – und zwar des Gemein­ge­brauchs ande­rer Stra­ßen­nut­zer. Das wird regel­mä­ßig nicht mög­lich sein, wenn es sich ledig­lich um ein­fa­che Pla­ka­te han­delt. Denn zum Bei­spiel rein ästhe­ti­sche Belan­ge könn­ten nicht berück­sich­tigt wer­den. Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men kön­nen sich mit die­ser Argu­men­ta­ti­on gegen Behör­den weh­ren, die ihnen zusätz­li­che wirt­schaft­li­che Mög­lich­kei­ten durch Wer­bung auf Schalt­schrän­ken neh­men wollen.

Vor eini­gen Wochen hat­te ich bereits ein­mal eine Ent­schei­dung über Fra­gen zur Kos­ten­er­stat­tung zu Bau­maß­nah­men an den öffent­li­chen Wegen bespro­chen, wenn Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en umge­legt wer­den müs­sen.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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