Vor einiger Zeit schon hatte ich über den Einwand verfrüht abgebrochener Verhandlungen im bilateralen Verhandlungsverfahren über Ansprüche auf offenen Netzzugang nach § 155 Abs. 1 TKG berichtet. Die BNetzA hatte sich hierzu bislang mündlich geäußert und eine rein objektive Prüfung der fehlenden Einigung angekündt.
Aus einer nur wenig später veröffentlichten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 14.3.2024 (Az. 1 L 38/23) lässt sich entnehmen, dass nicht nur der Verpflichtete nach § 155 Abs. 1 TKG keine Einwände bei einer objektiv fehlenden Einigung erheben kann, sondern darüber hinaus — im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften — die Verantwortung trägt. Hierzu aus der Entscheidung die Rz. 14 und 15, hier mit Hervorhebungen zur besseren Nachvollziehbarkeit:
“[14]Ziel des Antrags im Rahmen von § 155 Abs. 1 TKG ist eine vertragliche Vereinbarung über den Netzzugang. Sofern eine solche Einigung nicht zustande kommt, kann nach § 149 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 TKG die nationale Streitbeilegungsstelle angerufen und eine verbindliche Entscheidung über den Netzzugang beantragt werden. Dementsprechend beinhaltet § 155 Abs. 1 TKG ein Einigungsgebot. Das bilaterale Zugangsverfahren wird nach dem Verständnis der Kammer regelmäßig dergestalt ablaufen, dass auf den Antrag des Berechtigten ein Angebot des Verpflichteten folgt, welches mit der Annahme durch den Berechtigen den Vertragsschluss zwischen den Beteiligten über den Netzzugang begründet. Um den Verpflichteten in die Lage zu versetzen, ein Angebot mit den sog. „essentialia negotii“ zu erstellen, bedarf es im Antrag des Berechtigten bereits wesentliche Informationen zu dem begehrten Netzzugang.
[15]Es kann hier dahingestellt bleiben, ob in der E‑Mail vom 3. März 2022 die für die Antragstellerin wesentlichen Informationen zum Netzzugang schon übermittelt worden sind. Denn darüber hinaus muss für den Verpflichteten erkennbar sein, dass die Zwei-Monatsfrist des § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG zu laufen beginnt. Eine Frist zur Beantwortung des Antrags ist in § 155 TKG selbst — entgegen zum Beispiel § 138 Abs. 2 und § 154 Abs. 2 TKG, welche eine Zwei-Monatsfrist zur Angebotslegung normieren — nicht geregelt. Sie ergibt sich allerdings aus § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG. Danach kann die nationale Streitbeilegungsstelle angerufen werden, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten ab Eingang des Antrags eine Vereinbarung zustande kommt. Der Antrag muss also nicht nur innerhalb von zwei Monaten beantwortet werden, sondern es muss innerhalb von zwei Monaten bereits eine Einigung vorliegen. Mit Blick auf die zweimonatige Frist mit dem sich ggf. anschließenden Streitbeilegungsverfahren muss für alle Beteiligten der Fristbeginn eindeutig erkennbar sein, um dem entsprechenden Einigungsgebot zeitnah nachkommen zu können.”
Laut der Entscheidung unterliegt der Verpflichtete einem gesetzlichen Einigungsgebot. Er muss einen offenen Netzzugang zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen herbeiführen. Nicht der Nachfrager also, sondern der Verpflichtete muss sich um eine Einigung bemühen. Damit im Widerspruch stehen dann formelle Einwände, dass der Nachfrager nach zwei Monaten ohne Einigung die BNetzA angerufen hätte.