In bestimmten Streitigkeiten können Telekommunikationsunternehmen die Bundesnetzagentur als nationale Streitbeilegungsstelle anrufen und eine verbindliche Entscheidung beantragen. Dieses sogenannte Streitbelegungsverfahren ist vor allem für den Bereich der Mitnutzungsrechte im Teil 8 des TKG relevant. Die Fälle und Voraussetzungen für eine Entscheidung sind in § 149 Abs. 1 TKG aufgezählt. Allen gemein ist, dass innerhalb einer genannten Frist vorher keine Einigung zwischen den Unternehmen zustande gekommen ist. Es muss also ein bilaterales Verhandlungsverfahren durchgeführt werden, bevor sich die BNetzA mit der Sache befasst.
In einem aktuellen und von mir anwaltlich begleiteten Verfahren hatten die Parteien über einen Antrag nach § 155 Abs. 1 TKG auf Gewährung des offenen Netzzugangs zu einem öffentlich geförderten Netz verhandelt. Für diesen Antrag sieht § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG für das zwingende bilaterale Verhandlungsverfahren eine Frost von zwei Monaten vor. Es kam auch nach mehr als zwei Monaten effektiv keine Verhandlung zustande. In dem Streitbeilegungsverfahren vor der BNetzA wurde von einer Partei der Einwand erhoben, die andere habe die Verhandlungen vorzeitig beendet und sei nicht verhandlungsbereit.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren am 23.4.2024 hat sich die Beschlusskammer hierzu mit einem mündlichen Hinweis geäußert. Danach stehe der BNetzA im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Entscheidung allein ein objektives Prüfungsrecht zu, ob eine Einigung in der betreffenden Frist nicht zustande gekommen sei. Der Gesetzgeber habe kein subjektives Prüfungsrecht hinsichtlich des Verhaltens der Parteien während des bilateralen Verhandlungsverfahrens vorgesehen. Dies ergebe sich auch aus dem Beschleunigungsgrundsatz, dass nach Ablauf einer nur sehr kurzen Frist für das bilaterale Verhandlungsverfahren die Bundesnetzagentur verbindlich entscheiden soll.
Die Entscheidung ist grundsätzlich nachvollziehbar. Sie legt dem jeweiligen Antragsgegner ein hohes Risiko auf, wenn eine Einigung nicht innerhalb der Frist zustande kommt. Denn dann muss er damit rechnen, dass er sich nicht nur nicht mit seinen gewünschten Bedingungen gegenüber dem jeweiligen Antragsteller durchsetzen kann, sondern außerdem diese durch die BNetzA bestimmt werden. Damit geht der Vorwurf einher, dass ein Antragsteller das bilaterale Verhandlungsverfahren nur auszusitzen brauche. Allerdings haben auch Antragsteller mehr davon, wenn sie die Bedingungen selbst verhandeln können und nicht von der BNetzA reguliert werden. Zudem besteht bei einer verbindlichen Entscheidung stets das Risiko, dass eine Seite Rechtsmittel einlegt.
Für die Auslegung der Beschlusskammer spricht im Übrigen auch das Konzept der starren Fristen für das bilaterale Verhandlungsverfahren. Die in § 149 Abs. 1 TKG aufgezählten Fälle nennen Fristen von einem und zwei Monaten, was sehr kurz ist und regelmäßig gerissen wird.