Ab dem 12.9. die­ses Jah­res gilt der Data Act. Als Ver­ord­nung ist er unmit­tel­bar ver­bind­lich, wirkt also wie ein Gesetz. Er sieht zahl­rei­che Pflich­ten ins­be­son­de­re bei ver­netz­ten Pro­duk­ten und ver­bun­de­nen Diens­ten vor. 

Doch gilt er auch für elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te? Hier eine kur­ze Abgren­zung dazu. In Kür­ze vor­weg: Elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te als sol­che sind nicht vom Data Act erfasst. Die Ver­ord­nung regu­liert die Kon­nek­ti­vi­tät nicht, son­dern setzt sie voraus.

Was sind elektronische Kommunikationsdienste?

Der Begriff des elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­tes ist ein tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht­li­cher Sam­mel­be­griff. Er umfasst gemäß Art. 2 Nr. 4 EECC drei abschlie­ßend auf­ge­lis­te­te Diensteg­rup­pen. Die­se Diens­te zeich­net aus, dass sie gewöhn­lich gegen Ent­gelt über elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze erbracht wer­den und nicht Inhal­te über elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze und ‑diens­te anbie­ten oder eine redak­tio­nel­le Kon­trol­le über sie aus­üben. Ein elek­tro­ni­scher Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst dient also der Sicher­stel­lung der Kom­mu­ni­ka­ti­on als solcher.

Die drei auf­ge­lis­te­ten Diensteg­rup­pen sind folgende:

  1. Inter­net­zu­gangs­diens­te im Sin­ne der TSM-Verordnung
  2. inter­per­so­nel­le Kommunikationsdienste
  3. Diens­te, die ganz oder über­wie­gend in der Über­tra­gung von Signa­len bestehen, wie Über­tra­gungs­diens­te, die für die Maschi­ne-Maschi­ne-Kom­mu­ni­ka­ti­on und für den Rund­funk genutzt werden

Die letz­te Grup­pe der Signal­über­tra­gungs­diens­te hat eine gewis­se Auf­greif­funk­ti­on. Die ers­te Grup­pe umfas­sen die klas­si­schen Access Pro­vi­der. Die zwei­te Grup­pe glie­dern sich auf in die soge­nann­ten num­mern­ge­bun­de­nen und die num­mern­un­ab­hän­gi­gen inter­per­so­nel­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te. Rele­vant ist dabei die Kon­nek­ti­vi­tät mit öffent­lich zuge­teil­ten Num­mern­res­sour­cen. Ent­schei­dend für die­se Diens­te sind fol­gen­de Kriterien:

  • gewöhn­lich gegen Ent­gelt erbrach­ter Dienst, 
  • ermög­licht einen direk­ten inter­per­so­nel­len und inter­ak­ti­ven Infor­ma­ti­ons­aus­tausch über elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze zwi­schen einer end­li­chen Zahl von Per­so­nen (any-to-any),
  • Emp­fän­ger wer­den von den Per­so­nen bestimmt wer­den, die die Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­an­las­sen oder dar­an betei­ligt sind, 
  • nicht erfasst sind Diens­te, die eine inter­per­so­nel­le und inter­ak­ti­ve Kom­mu­ni­ka­ti­on ledig­lich als untrenn­bar mit einem ande­ren Dienst ver­bun­de­ne unter­ge­ord­ne­te Neben­funk­ti­on ermöglichen

Typisch sind für die­se Grup­pe kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­zo­ge­ne Over-the-top-Ange­bo­te, die ihrer­seits eine phy­si­sche Kon­nek­ti­vi­tät vor­aus­set­zen. Dazu las­sen sich Soft­ware-Ange­bo­te mit Kom­mu­ni­ka­ti­ons­funk­ti­on zäh­len, sofern die­se nicht eine unter­ge­ord­ne­te Neben­funk­ti­on erfül­len. Die Diens­te in die­ser Grup­pe wur­den erst mit dem EECC nach­träg­lich in die Sys­te­ma­tik des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­rechts aufgenommen.

Wie verhält sich der Data Act zu elektronischen Kommunikationsdiensten?

Der Data Act kennt die Begrif­fe des ver­netz­ten Pro­dukts und des ver­bun­de­nen Diens­tes. Bei­de Begrif­fe haben jeweils ein Nega­tiv­merk­mal, das sich auf elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons bezieht.

Bei Art. 2 Nr. 5 Data Act ist es für die Defi­ni­ti­on des ver­netz­ten Pro­dukts, dass die Haupt­funk­ti­on nicht die Spei­che­rung, Ver­ar­bei­tung oder Über­tra­gung von Daten im Namen einer ande­ren Par­tei – außer dem Nut­zer – ist. Das lässt unge­ach­tet der Ein­ord­nung als Pro­dukt und nicht als Dienst schon dar­auf schlie­ßen, dass die Über­tra­gung nicht Gegen­stand der Rege­lung ist.

Art. 2 Nr. 6 Data Act wird für den ver­bun­de­nen Dienst fest­ge­legt, dass es sich nicht um einen elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst han­delt. Es wird dabei der wei­te Begriff gewählt, sodass alle drei oben genann­ten Diensteg­rup­pen erfasst sind, also auch die inter­per­so­nel­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te und die Signalübertragungsdienste.

Sehr deut­lich ist hier­zu der letz­te Satz aus dem 17. Erwä­gungs­grund des Data Act:

Weder die Strom­ver­sor­gung noch die Bereit­stel­lung der Kon­nek­ti­vi­tät sind nach die­ser Ver­ord­nung als ver­bun­de­ne Diens­te aus­zu­le­gen.

Das bedeu­tet, dass hier die klas­si­sche Dicho­to­mie auf­recht erhal­ten wird, die einer­seits zwi­schen elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­ten und ande­rer­seits zwi­schen Inhalts­diens­ten unter­schei­det. Ers­te­re sichern die Kon­nek­ti­vi­tät, damit Inhal­te über­haupt über­tra­gen wer­den kön­nen. Letz­te­re set­zen die Kon­nek­ti­vi­tä voraus.

Aller­dings erkennt der Ver­ord­nungs­ge­ber die Bedeu­tung der vor­aus­ge­setz­ten Kon­nek­ti­vi­tät für die behörd­li­che Auf­sicht. Gemäß Art. 37 Abs. 4 Nr. 2 Data Act muss die ver­ant­wort­li­che zustän­di­ge Behör­de über Erfah­run­gen auf dem Gebiet Daten und elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te ver­fü­gen. Aus die­sem Grund soll in Deutsch­land die Bun­des­netz­agen­tur die­se Auf­ga­be übernehmen.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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