Letz­te Woche hat das OLG den Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung wegen der Nut­zung von Daten aus Face­book und Insta­gram für KI-Trai­ning abge­lehnt. Damit kann Meta jeden­falls nicht kurz­fris­tig gericht­lich unter­sagt wer­den, ab dem 27.5.2025 die Daten wir ange­kün­digt zu nut­zen. Eine Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che steht noch aus. Wei­te­re Zusam­men­hän­ge stellt David Wasi­lew­ski bei LTO dar.

Wie geht es jetzt wei­ter? Ein Blick auf drei wich­ti­ge Vor­schrif­ten aus dem DMA. Aber vor­her schau­en wir uns die Ent­schei­dung zum DMA doch noch ein­mal an, soweit dies auf der Grund­la­ge der Pres­se­mit­tei­lung mög­lich ist.

Verständnis des Gerichts vom Verbot der Datenzusammenführung

Das OLG Köln hat sich laut der Pres­se­mit­tei­lung im Wesent­li­chen auf das Daten­schutz­recht gestützt. Dem­nach bestün­den sei­tens Meta berech­tig­te Inter­es­sen an einer Ver­wen­dung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten zum KI-Trai­ning. Ob dies daten­schutz­recht­lich so passt, wird an ande­rer Stel­le bezwei­felt. Ins­be­son­de­re die BfDI sieht die Ent­schei­dung als falsch.

Erstaun­li­cher­wei­se hat das Gericht den sich aus mei­ner Sicht auf­drän­gen­den Ver­stoß gegen das Ver­bot der Daten­zu­sam­men­füh­rung aus Art. 5 Abs. 2 DMA abge­lehnt. Bis­lang ist nur die Pres­se­mit­tei­lung bekannt. Laut die­ser feh­le es an einer Daten­zu­sam­men­füh­rung, weil Meta nicht im Hin­blick auf einen ein­zel­nen Nut­zer Daten aus Nut­zer­pro­fi­len bei ver­schie­de­nen Diens­ten oder aus ande­ren Quel­len kom­bi­nie­re. Es feh­le hier­zu an ein­schlä­gi­ger Recht­spre­chung und es sei dem Senat kei­ne Koope­ra­ti­on mit der Kom­mis­si­on mög­lich gewesen.

Der Aus­sa­ge des Gerichts lässt sich ent­neh­men, dass es eine Zusam­men­füh­rung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten jeweils des­sel­ben Nut­zers ver­langt. Mit ande­ren Wor­ten scheint es davon aus­zu­ge­hen, dass ein Ver­stoß nur dann in Betracht kommt, wenn ein Daten­satz von Per­son A mit einem wei­te­ren Daten­satz von Per­son A kom­bi­niert wird. Die Kom­bi­na­ti­on eines Daten­sat­zes von Per­son A mit Daten­sät­zen von Per­son X stel­le dem­nach kei­nen Ver­stoß dar.

Eine der­ar­ti­ge Aus­le­gung ent­spricht aber schon nicht dem Wort­laut der Vor­schrift. Die Rede ist nur von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten, also irgend­wel­chen, ohne dass es auf eine betrof­fe­ne Per­son ankä­me. Das ent­spricht auch dem wett­be­werb­li­chen Zweck der Vor­schrift, die Ansamm­lung von gro­ßen und schlecht bestreit­ba­ren Daten­schät­zen durch Gate­kee­per zu ver­hin­dern. Erfasst ist also jede Kom­bi­na­ti­on jeg­li­cher per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten über die Diens­te des Gate­kee­pers hin­aus. Die­ses Fehl­ver­ständ­nis kann das Gericht nicht ein­fach auf noch nicht vor­han­de­ne Recht­spre­chung schie­ben, son­dern es hät­te gera­de sei­ne eige­ne Recht­spre­chung stich­hal­tig begrün­den müssen.

Effektivitätsgebot, Umgehungsverbot und Behinderungsverbot

Die Aus­le­gung des Gerichts ist aber nicht nur aus der unmit­tel­ba­ren Ver­bots­vor­schrift her­aus zwei­fel­haft. Dem Gericht hät­ten sich min­des­tens noch drei wei­te­re Rege­lungs­kom­ple­xe auf­drän­gen müs­sen. Allein ein Blick in Art. 13 DMA hät­te geholfen. 

Hier­zu vor­ab eine Klar­stel­lung: Die fol­gen­den Aus­füh­run­gen gel­ten allein für die Anwen­dung des DMA. Der DMA gilt für desi­gnier­te Gate­kee­per. Er sieht erheb­lich schär­fe­re Vor­schrif­ten für die Gate­kee­per vor. Aus der Anwen­dung des DMA lässt sich nicht zwin­gend ein Rück­schluss auf die Anwen­dung der all­ge­mei­nen DSGVO zie­hen, die auch für Nicht-Gate­kee­per gilt.

Effektivitätsgrundsatz

Art. 13 Abs. 3 DMA sieht vor, dass der Tor­wäch­ter sicher­stel­len muss, dass sei­ne Ver­pflich­tun­gen aus den Art. 5, 6 und 7 DMA voll­stän­dig und wirk­sam ein­ge­hal­ten wer­den. Eben­so sieht Art. 8 Abs. 1 S. 1 DMA vor, dass die Maß­nah­men eines Tor­wäch­ters zur Ein­hal­tung der genann­ten Arti­kel dazu füh­ren müs­sen, dass „die Ziel­set­zun­gen die­ser Ver­ord­nung und der jewei­li­gen Ver­pflich­tung wirk­sam erreicht wer­den“. Die Ver­ord­nung ver­langt also nicht nur eine stren­ge Wort­laut­be­fol­gung der Ver­bo­te, son­dern der Gate­kee­per muss das hin­ter dem Ver­bot ste­hen­de Rege­lungs­ziel sicher­stel­len. Spä­ter — etwa bei Art. 13 Abs. 4 DMA, dazu sogleich — spricht der DMA von der wirk­sa­men Ein­hal­tung.

Dies ent­spricht dem bereits aus dem Kar­tell­recht bekann­ten Ver­bot von Maß­nah­men mit glei­cher Wir­kung, wel­ches auch der DMA in sei­nen Erwä­gungs­grün­den anspricht. Das Gericht hät­te hier prü­fen müs­sen, ob die geplan­ten Maß­nah­men Metas eine glei­che Wir­kung wie der aus­drück­li­che Ver­bots­wort­laut des Art. 5 Abs. 2 DMA haben. Mit ande­ren Wor­ten: ist eine Kom­bi­na­ti­on von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten jeg­li­cher Per­so­nen über einen Dienst hin­aus wett­be­werb­lich ver­gleich­bar mit der Kom­bi­na­ti­on von per­so­nen­be­zo­ge­nen der­sel­ben Per­son? Ich wür­de mei­nen, die wett­be­werb­li­che Wir­kung ist dabei sogar noch inten­si­ver, gera­de weil der Gate­kee­per auf eine brei­te­re Daten­ba­sis zurückgreift.

Umgehungsverbot

Gemäß Art. 13 Abs. 4 DMA darf der Gate­kee­per kein Ver­hal­ten an den Tag legen, das die wirk­sa­me Ein­hal­tung der Ver­pflich­tun­gen aus den Arti­keln 5, 6 und 7 unter­gräbt, also umgeht. Erfasst sind Umge­hungs­maß­nah­men ver­trag­li­cher, kom­mer­zi­el­ler, tech­ni­scher oder sons­ti­ger Art. Auch die Ver­hal­tens­len­kung oder Schnitt­stel­len­ge­stal­tung wird vom DMA nagesprochen.

Gera­de in die­sem Fall, wenn es um den Gegen­satz von Metas Opt-out-Lösung zu der gesetz­lich in Art. 5 Abs. 2 DMA vor­ge­se­he­nen Opt-in-Vor­ga­be geht, hät­te sich dem Gericht aber auf­drän­gen müs­sen, dass hier das Nut­zer­ver­hal­ten gezielt in ein blo­ßes Dul­den gelenkt wird. Sie sol­len nach Metas Wunsch gera­de nicht in die Ver­wen­dung ihrer per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten ein­wil­li­gen, son­dern sich höchs­tens noch aktiv dage­gen ent­schei­den können.

Behinderungsverbot

Gemäß Art. 13 Abs. 6 DMA darf der Gate­kee­per die Aus­übung von Rech­ten und Mög­lich­kei­ten der Nut­zer aus den Vor­schriftin Art. 5, 6 und 7 DMA nicht über­mä­ßig erschwe­ren. Dies darf ins­be­son­de­re nicht dadurch erfol­gen, dass der Gate­kee­per die Auto­no­mie, Ent­schei­dungs­frei­heit oder freie Aus­wahl von End­nut­zern durch die Struk­tur, Gestal­tung, Funk­ti­on oder Art der Bedie­nung einer Benut­zer­schnitt­stel­le oder eines Teils davon untergräbt. 

Sofern also auf­grund der Vor­ga­ben für Gate­kee­per ein Nut­zer­recht besteht, wie etwa bei Art. 5 Abs. 2 DMA die Ein­wil­li­gung, darf der Gate­kee­per also nicht die dahin­ter ste­hen­de Ent­schei­dungs­frei­heit gestal­te­risch ein­schrän­ken. Die Gestal­tung als gewill­kür­ter Opt-out-Pro­zess ist eine der­ar­ti­ge Ein­schrän­kung, da sie dem Nut­zer die Auto­no­mie sei­ner per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten gegen­über dem Gate­kee­per nimmt.

Wiederholte Verstöße und erhöhter Bußgeldrahmen

Schon aus dem wohl vor­lie­gen­den Ver­stoß gegen Art. 5 Abs. 2 DMA kann die Kom­mis­si­on ein Nicht­ein­hal­tungs­ver­fah­ren gegen­über Meta ein­lei­ten. Dies muss sie sogar, um die wirk­sa­me Ein­hal­tung des DMA sicher­zu­stel­len. Wegen Art. 13 Abs. 7 DMA kann die Kom­mis­si­on ein Ver­fah­ren auch bei Ver­stö­ßen gegen die Umge­hungs­ver­bo­te einleiten.

Ein der­ar­ti­ges Ver­fah­ren wird zwar einer­seits erneut sei­ne Zeit dau­ern. Aller­dings gab es vor kur­zem erst einen ers­ten Nicht­ein­hal­tungs­be­schluss gegen­über Meta wegen eines Ver­sto­ßes gegen Art. 5 Abs. 2 DMA. Stellt die Kom­mis­si­on inner­halb eines Zeit­raums von acht Jah­ren einen erneu­ten iden­ti­schen oder ähn­li­chen Ver­stoß gegen eine Verfpflich­tung aus den Art. 5, 6 und 7 DMA, so kann sie gemäß Art. 30 Abs. 2 DMA eine Geld­bu­ße von bis zu 20 % des welt­wei­ten Vor­jah­res­um­sat­zes ver­hän­gen.

Strukturelle Maßnahmen

Der Eil­an­trag vor dem OLG Köln wur­de zurecht dar­auf gestützt, dass Meta mit sei­ner Opt-out-Lösung Fak­ten schafft. Tech­nisch lie­ße sich dem­nach ein der­ar­ti­ger Ver­stoß nicht mehr rück­gän­gig machen. Das Gericht hat eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung jedoch nicht erlas­sen. Es kann jetzt im Haupt­sa­che­ver­fah­ren den­noch wei­ter­hin die Rechts­wid­rig­keit der Maß­nah­me fest­ge­stellt wer­den. Auch ande­re Pri­vat­per­so­nen oder die Kom­mis­si­on könn­ten grund­sätz­lich tätig wer­den. Die Zusam­men­füh­rung wäre jeden­falls aber schon erfolgt.

Ist damit die Sache zuen­de? Besteht kei­ne Mög­lich­keit mehr? 

Die Kom­mis­si­on hat einer­seits die Mög­lich­keit, einem Gate­kee­per ein bestimm­tes Ver­hal­ten durch einen Nicht­ein­hal­tungs­be­schluss zu unter­sa­gen und die­se Unter­sa­gung durch­zu­set­zen. Das liegt ins­be­son­de­re bei Gate­kee­per-Ver­hal­ten mit behin­dern­der Wir­kung nahe. Auch die fort­dau­ern­de Zusam­men­füh­rung könn­te die Kom­mis­si­on untersagen. 

Es könn­te aller­dings auch sein, dass die Kom­mis­si­on die Fra­ge schlicht aus­tes­tet, ob per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten wirk­lich nicht mehr aus der KI ent­fernt wer­den könn­ten. Dies wur­de bereit in ande­ren Zusam­men­hän­gen bezwei­felt und gege­be­nen­falls schließt sich die Kom­mis­si­on dem an. Dann könnt der Umset­zung des Nicht­ein­hal­tungs­be­schlus­ses auch sei­ne Durch­set­zung in der Form einer rück­wir­ken­den Ent­flech­tung fol­gen. Hier wür­den sich dann span­nen­de Durch­set­zungs­fra­gen stellen.

Ande­rer­seits besteht unter stren­gen Vor­aus­set­zung die Mög­lich­keit, dass die Kom­mis­si­on struk­tu­rel­le Maß­nah­men vor­gibt. Art. 18 DMA räumt der Kom­mis­si­on die Befug­nis einer Markt­un­ter­su­chung bei sys­te­ma­ti­scher Nicht­ein­hal­tung ein. Von einer sys­tem­ti­schen Nicht­ein­hal­tung ist bei min­des­tens drei Nicht­ein­hal­tungs­be­schlüs­sen inner­halb eines Zeit­raums von acht Jah­ren aus­zu­ge­hen. Stellt die Kom­mis­si­on eine sol­che sys­te­ma­ti­sche Nicht­ein­hal­tung fest und hat das Unter­neh­men sei­ne Gate­kee­per-Stel­lung min­des­tens bei­be­hal­ten, so kann die Kom­mis­si­on einen Durch­füh­rungs­rechts­akt erlas­sen. Die­ser kann ver­hal­tens­be­zo­ge­ne oder struk­tu­rel­le Abhil­fe­maß­nah­men ent­hal­ten. Sie müs­sen ange­mes­sen und erfor­der­lich sein, um die wirk­sa­me Ein­hal­tung der Vor­ga­ben des DMA zu gewährleisten. 

Struk­tu­rel­le Maß­nah­men könn­ten etwa eine struk­tu­rel­le Sepa­rie­rung sein, eine Ver­äu­ße­rungs­pflicht oder eine Open-Access-Pflicht. Bei den letz­ten Maß­nah­men wür­de zwar der eigent­li­che Ver­stoß gegen­über den Nut­zern nicht mehr rück­gän­gig gemacht. Die wett­be­werb­li­chen Vor­tei­le kämen aber nicht mehr allein Meta zugu­te. Die Öff­nung für den Wett­be­werb könn­te dann zudem auf­ge­fan­gen wer­den, indem spe­zi­fi­sche inhalt­li­che Vor­ga­ben an den Umgang mit den zusam­men­ge­führ­ten Daten gemacht werden.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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