Grund­stücks­ei­gen­tü­mer kön­nen unter engen recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen einen Anspruch auf Besei­ti­gung von Tele­fon­mas­ten auf ihrem Grund­stück gel­tend machen. Die­se recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen habe ich in einem Bei­trag letz­tes Jahr kurz beschrie­ben. Die Rechts­la­ge hat sich dort durch die TKG-Novel­le nicht wesent­lich geän­dert, außer dass aus § 76 Abs. 1 TKG a.F. jetzt § 134 Abs. 1 TKG mit klei­ne­ren Erwei­te­run­gen gewor­den ist und § 45a TKG ersatz­los gestri­chen wurde.

Beseitigung von Telefonmasten bei unzumutbarer Beeinträchtigung

In der Pra­xis beson­ders rele­vant ist hier­bei § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TKG. Danach kommt es dar­auf an, ob die Benut­zung „nicht unzu­mut­bar beein­träch­tigt“ wird. Mit ande­ren Wor­ten: Es gibt Beein­träch­ti­gun­gen durch Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en, die sind zumut­bar und müs­sen des­halb vom Eigen­tü­mer gedul­det wer­den. Die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit die­ser Rege­lung wur­de in einer 23 Jah­re alten Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts im Grund­satz bestä­tigt.

Die – ver­fas­sungs­kon­for­me – Vor­schrift muss jedoch auch ver­fas­sungs­kon­form ange­wandt wer­den. Das bedeu­tet, dass spä­tes­tens die Gerich­te bei der Anwen­dung die Zumut­bar­keit nach den kon­kre­ten Umstän­den des Ein­zel­falls betrach­ten müs­sen. Sehr deut­lich fin­det sich in Rz. 17 der Ent­schei­dung die Aus­sa­ge, dass errich­te­te ober­ir­di­sche, weit­hin sicht­ba­re und dau­er­haf­te Anla­gen jeden­falls nicht mehr zumut­bar sind, wenn sie nicht in einer blo­ßen Kreu­zung des Luft­raums eines Grund­stücks bestehen. Die Rechts­la­ge ist also eigent­lich rela­tiv einfach.

Gegen Tele­fon­mas­ten kön­nen sich Grund­stücks­ei­gen­tü­mer weh­ren und in der Fol­ge müss­ten die­se auf Kos­ten des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­mens besei­tigt werden.

Dass dies nicht jedem Unter­neh­men so passt, ist zunächst ver­ständ­lich. Denn ober­ir­di­sche Ver­le­gun­gen sind güns­ti­ger und eine Umle­gung oder sogar Besei­ti­gung durch unter­ir­di­sche Ver­le­gung dage­gen erheb­lich viel teu­rer. Es ist also zunächst völ­lig nach­voll­zieh­bar, dass ein Unter­neh­men bei gel­tend gemach­ten Besei­ti­gungs­an­sprü­chen die­se kri­tisch prüft und etwa­ige berech­tig­te Ein­wän­de erhebt. In aller Regel etwa zu dul­den sind unter­ir­di­sche Verlegungen.

Unzumutbarkeit und Nutzung verändern sich

Aller­dings tritt dabei auch immer mal wie­der der Ein­wand auf, der Mast sei auf der Wie­se recht­mä­ßig errich­tet wor­den und das Grund­stück sei so gekauft wor­den. Die­ser Ein­wand ist jedoch recht­lich uner­heb­lich, da es auf einer der­ar­ti­ge ver­gan­ge­ne Nut­zung und deren (feh­len­de) unzu­mut­ba­re Beein­träch­ti­gung nicht (mehr) ankommt.

Denn die Nut­zung eines Grund­stücks kann sich ver­än­dern. Das ist ganz typisch. So wird aus einer Wie­se auf dem frei­en Feld ein Bau­grund­stück mit einem Haus. Wo vor­her mit eini­gem Abstand zur Grund­stücks­gren­ze ein Pfer­de­zaun errich­tet war, soll nun unmit­tel­bar auf die Gren­ze eine Mau­er gebaut wer­den. Wo frü­her Wie­se war, könn­ten die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer nun ein Inter­es­se dar­an haben, eine Gara­ge mit Auf­fahrt zu errich­ten. Steht dort ein Tele­fon­mast im Wege, kann die Gara­ge und damit das Grund­stück nicht mehr genutzt werden.

Es kommt also gera­de nicht auf die ursprüng­li­che Nut­zung des Grund­stücks an, wie es mal bei der Errich­tung des Mas­tens aus­ge­se­hen hat. Maß­geb­lich ist viel­mehr nach stän­di­ger und herr­schen­der Auf­fas­sung ein dif­fe­ren­ziert-objek­ti­ver Maß­stab. Dies lässt sich etwa anhand der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung und der ein­heit­li­chen wis­sen­schaft­li­che Kom­men­tie­rung zu der oben genann­ten Vor­schrift sehr gut nachvollziehen.

Sicher gibt es auch ande­re unter­in­stanz­li­che Recht­spre­chung, bei der Grund­stücks­ei­gen­tü­mer Besei­ti­gungs­an­sprü­che ver­lo­ren haben. Dar­aus lässt sich jedoch weder eine all­ge­mei­ne Regel ent­neh­men, dass Mas­ten stets doch zu dul­den sei­en, noch sind sie in den meis­ten Fäl­len über­haupt anwend­bar. So hat­ten sich etwa Klä­ger dar­auf beru­fen, das Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men soll­te eine Ver­le­gung im öffent­li­chen Bereich prü­fen und vor­zie­hen. Auf der­ar­ti­ge Fra­gen kommt es bei der Prü­fung der Unzu­mut­bar­keit jedoch nicht an. Die­se Fra­ge ist iso­liert nach eige­nen Maß­stä­ben zu betrach­ten. Ist die Errich­tung des Mas­tens unzu­mut­bar und des­halb zu besei­ti­gen, ist die ander­wei­ti­ge Ver­le­gung allein Sache des Unter­neh­mens. Denk­bar und als zumut­bar meis­tens zu dul­den ist etwa wei­ter­hin die unter­ir­di­sche Ver­le­gung auf dem Grund­stück – wenn nicht umge­kehrt das Grund­stück auch unter­ir­disch genutzt wer­den soll, etwa für den Bau eines Kel­lers oder eines Swim­ming Pools.

Der dif­fe­ren­ziert-objek­ti­ve Maß­stab betrach­tet die Nut­zung des kon­kre­ten Grund­stücks durch einen ver­stän­di­gen Durch­schnitts­nut­zer und sei­ne durch Natur, Gestal­tung und Zweck­be­stim­mung gepräg­te kon­kre­te Beschaf­fen­heit. Es kommt also auf die jetzt kon­kre­te Beschaf­fen­heit und Nut­zung des Grund­stücks an bzw. was der Eigen­tü­mer mit die­sem Grund­stück vor­hat. Ist aus der Wie­se ein Bau­grund­stück gewor­den, kommt es auf den ursprüng­li­chen Zweck – Ernäh­rung von Wei­de­tie­ren oä – nicht mehr an.

Wann gegen Masten klagen?

Das Fazit die­ses Bei­trags? Wer einen stö­ren­den Mas­ten besei­ti­gen will, soll­te sich von Anfang an um die Finan­zie­rung einer ent­spre­chen­den gericht­li­chen Kla­ge küm­mern. Ein anwalt­li­cher Schrift­satz zur letzt­ma­li­gen Auf­for­de­rung zur Besei­ti­gung ist nur noch sinn­voll, um die mög­li­chen nega­ti­ven Kos­ten­fol­gen nach § 93 ZPO zu ver­mei­den, eine inhalt­li­che Klä­rung kann man da lei­der sel­ten erwarten.

Dass es zu die­sen Fäl­len und der sehr deut­li­chen Ent­schei­dung des BVerfG bis­lang nur sehr wenig aus­sa­ge­kräf­ti­ge gericht­li­che Ent­schei­dun­gen gibt, könn­te man unter­schied­lich erklä­ren: Zum einen ist das Bewusst­sein bei vie­len Grund­stücks­ei­gen­tü­mern über die Rechts­la­ge und mög­li­chen Ansprü­che nicht klar. Zum ande­ren möch­ten sich nicht vie­le mit mög­li­cher­wei­se ihrem eige­nen Ver­sor­ger anle­gen. Die Kos­ten eines der­ar­ti­gen Rechts­streits spie­len auch eine Rol­le, da sie sich an dem Grund­stücks­wert ori­en­tie­ren. Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men haben hier natür­lich deut­lich mehr finan­zi­el­le Res­sour­cen und kön­nen es auf einen Rechts­streit ankom­men las­sen. Und schließ­lich las­sen sich auch zahl­rei­che Grund­stücks­ei­gen­tü­mer durch fehl­ge­hen­de Aus­sa­gen des in Anspruch genom­me­nen Unter­neh­mens ver­wir­ren und von einer Kla­ge abhalten.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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