Öffentliche Klagezustellung bei Beklagter mit Sitz in China

Vor weni­gen Wochen hat das Land­ge­richt Frank­furt am Main beschlos­sen, dass eine Zwangs­li­zenz­kla­ge wegen SEP-Paten­ten gegen ein in Chi­na ansäs­si­ges Unter­neh­men gemäß § 185 ZPO öffent­lich zuge­stellt wird (Akten­zei­chen 2 – 06 O 426/24). Eine der­ar­ti­ge öffent­li­che Zustel­lung wird grund­sätz­lich eher restrik­tiv vor­ge­nom­men. In die­sen Fäl­len ist die Ent­schei­dung sehr hilfreich.

Es geht um eine für SEP-Streits recht typi­sche Kon­stel­la­ti­on: Ein spä­ter beklag­tes Unter­neh­men ist Inha­be­rin von Paten­ten, die wesent­lich für Mobil­funk­stan­dards sind. Als sol­che hat sie sich ver­pflich­tet, Lizen­zen für Paten­te zu FRAND-Bedin­gun­gen zu ertei­len. Über die spe­zi­fi­schen Kon­di­tio­nen FRAND-kon­for­mer Lizen­zen besteht hier Streit. 

Die Klä­ge­rin begehrt spe­zi­fi­sche Kon­di­tio­nen und ver­klagt die Patent­in­ha­be­rin. Die­se sitzt in Chi­na. Eine Kla­ge­schrift muss zunächst förm­lich zuge­stellt wer­den. Dies kann in Chi­na regel­mä­ßig eine gan­ze Wei­le dau­ern, wie auch die Klä­ge­rin darlegte. 

Dazu ein Zitat aus dem Beschluss, der bis­lang nur in Aus­zü­gen ver­öf­fent­licht ist:

„Die Klä­ge­rin hat dar­ge­legt, dass die Aus­lands­zu­stel­lung in der Volks­re­pu­blik Chi­na nicht stets gelingt und auch dann einen Zeit­raum von deut­lich mehr als einem Jahr in Anspruch nimmt. Nach der Erfah­rung ande­rer deut­scher Gerich­te, die sich mit der Erfah­rung der Kam­mer deckt, nimmt die Zustel­lung in der Volks­re­pu­blik Chi­na einen erheb­li­chen Zeit­raum in Anspruch. Bei die­ser Sach­la­ge über­wie­gen die Inter­es­sen der Klä­ge­rin auf effek­ti­ven Rechts­schutz die Inter­es­sen der Beklag­ten im Hin­blick auf die Gefähr­dung ihres Anspruchs auf recht­li­ches Gehör.”

Das Land­ge­richt hat des­halb ange­nom­men, dass die Zustel­lung im Aus­land hier kei­nen Erfolg ver­spricht und damit kein wir­kungs­vol­ler Rechts­schutz mehr ermög­licht wer­den könn­te. Ein Zuwar­ten auf die Zustel­lung kön­ne nicht mehr bil­li­ger­wei­se zuge­mu­tet wer­den. Aller­dings muss die Klä­ge­rin die Beklag­te zusätz­lich über nicht-förm­li­chen Weg über die Zustel­lung der Kla­ge infor­mie­ren. Denk­bar könn­te hier eine E‑Mail oder ande­re Nach­richt sein.

Die öffent­li­che Zustel­lung ist ein geeig­ne­tes Mit­tel für alle Fäl­le, in denen eine direk­te Zustel­lung nicht gelingt oder sogar ver­ei­telt wird.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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