In diesem Beitrag habe ich einige der ganz wesentlichen und typischen Fragen zusammen gestellt, die sich immer mal wieder im Rahmen meiner Beratung zum Zugang zu Daten stellen. Sie sind eine lose Orientierung und sollen einen ersten Einstieg in das Thema ermöglichen.
Das Kartellrecht kennt den Begriff marktbeherrschende Stellung. Dieser ist etwa maßgeblich bei der Anwendung des Marktmachtmissbrauchsverbots. Ein Unternehmen kann selbst unmittelbar durch seine Inhaberschaft über bestimmte Daten gleichzeitig über eine marktbeherrschende Stellung verfügen. Das ist etwa der Fall, wenn allein dieses Unternehmen über die Daten verfügt und durch den Ausschluss anderer Unternehmen den Wettbewerb beeinträchtigen kann. Daneben ermöglicht § 20 Abs. 1, Abs. 1a GWB die Erfassung sogenannter datenbezogener relativer Marktmacht. Dabei handelt es sich um ein Aufgreifkriterium unterhalb der Schwelle einer marktbeherrschenden Stellung. Bei relativer Marktmacht gelten das Behinderungsmissbrauchsverbot und das Diskriminierungsmissbrauchsverbot unmittelbar.
Spielen Daten auch sonst bei der Marktbeherrschung eine Rolle?
Auch mittelbar können die besonderen Zugriffsmöglichkeiten auf Daten und Vorsprünge bei der Verarbeitung eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken. Hierfür steht das Kriterium in § 18 Abs. 3 Nr. 3 GWB, wonach der Zugang eines Unternehmens zu Daten eine Bedeutung für die Bewertung seiner Marktstellung haben kann. Es geht hierbei nicht um den Zugang, der zwangsweise gewährt werden könnte, sondern den wettbewerblichen Vorsprung. Das Kriterium findet sich ebenso wieder in § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB. Außerdem kann es bei der kartellbehördlichen Bewertung einer Stellung überagender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb eines Unternehmens nach § 19a Abs. 1 GWB sowie den gemäß § 19a Abs. 2 GWB eröffneten Befugnissen herangezogen werden.
Welche Daten sind wettbewerbsrelevant?
Das Kriterium in § 18 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist in seinem Wortlaut deutlich und bezieht nur wettbewerbsrelevante Daten ein. Aber auch ohne diesen Wortlaut könnten nur solche Daten berücksichtigt werden, die einem Unternehmen wegen ihrer Inhaberschaft oder eines Vorsprungs eine marktbeherrschende Stellung eröffnen. Sie müssten also als solche eine eigene wettbewerbliche Relevanz haben. Das kann etwa der Fall sein, wenn sie selbst nicht duplizierbar sind, also Exklusivität besteht. Bei nicht-exklusiven Daten käme es auf die wettbewerbliche Bedeutung des Zugriffs und Vorsprungs an.
Was ist die Essential Facilities Doctrine?
Gelegentlich auch eine Relevanz beim kartellrechtlichen Zugang zu Daten hat die sogenannte Essential Facilities Doctrine. Hierbei handelt es sich um einen sehr alten Begründungsansatz zur Missbrauchskontrolle. Danach kann die Verweigerung eines Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung missbräuchlich sein. Mittlerweile findet sie sich beim allgemeinen Marktmachtmissbrauchsverbot im deutschen Kartellrecht bei § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB wieder. Diese Vorschrift ist jedoch nicht abschließend und es können Fälle der Geschäftsverweigerung grundsätzlich auch über § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB erfasst werden. Daneben zeigt sich auch in § 20 GWB, dass der Gesetzgeber den Gedanken der Essential Facilities Doctrine aufgenommen hat.
Voraussetzung ist, dass eine Einrichtung für die wettbewerbliche Tätigkeit erforderlich ist, die Zugangsverweigerung den Wettbewerb beeinträchtigt und es keine sachliche Rechtfertigung gibt. Die Essential Facilities Doctrine wurde ursprünglich bei physischen Einrichtungen wie etwa Eisenbahnbrücken, Häfen oder Netzwerken angewandt. In der europäischen Kartellrechtspraxis gibt es daneben eine stetige Praxis zu immateriellen Einrichtungen wie Immaterialgütern. Ein rechtliches Monopol ist dabei nicht erforderlich, sodass auch die bloße Inhaberschaft über (wettbewerblich relevante) Daten eine wesentliche Einrichtung darstellen kann. Einer meiner ersten Aufsätze dazu in der NZKart stellt diese Thematik recht prägnant dar (NZKart 2018, 217 ff.).
Geht es nur um Googles Daten?
Immer wieder werden die großen Datensilos der vorwiegend US-amerikanischen digitalen Plattformen thematisiert. Sicher kann es sich bei diesen um wettbewerbliche Vorsprünge handeln. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es mehr auf andere Daten ankommt. Häufiger sind es nicht Datenmassen, sondern die Qualität ist maßgeblich. Beispiele können etwa Unternehmen sein, die aufgrund eines besonderen gesetzlichen Auftrags bestimmte Daten erstellen müssen oder aufgrund einer privilegierten Position Zugang zu spezifischen Daten haben. Oder die Daten stellen lediglich ein Mittel zum Ausschluss vom Wettbewerb dar, etwa als Schnittstelleninformationen. Einige Sondersituationen soll der DMA adressieren.