Ein deutsches Hotel soll seine kartellrechtliche Klage wegen der Bedingungen der Buchungsplattform booking.com vor einem deutschen Gericht geltend machen können. Dafür hat sich vor wenigen Wochen der Generalanwalt Saugmandsgaard Øe am EuGH ausgesprochen. Diese Aussage verspricht mehr Deutlichkeit bei der privaten Durchsetzung des Kartellrechts gegenüber digitalen Plattformen. Denn häufig folgt das Gericht den Einschätzungen des Gutachters.
Doch kurz, was ist das Problem? Zwischen der niederländischen Plattform und den Hotelbetreibern gibt es immer wieder rechtliche Auseinandersetzungen. So sei unter anderem an die Bestpreis- bzw. Preisparitätsklauseln erinnert, die in mehreren Verfahren durch das BKartA behandelt wurden, aber auch Gegenstand von Unterlassungsklagen waren. Aber auch im Allgemeinen wenden sich Hoteliers gegen die Geschäftsbedingungen der Plattform, so auch das Hotel Wikingerhof. Bei diesen handelt es sich jedoch um vertragliche Beziehungen. Die kartellrechtlichen Verbote stellen jedoch Vorschriften über unerlaubte Handlungen dar. Entsprechend erhob booking.com den Einwand, das LG Kiel sei nicht zuständig, sondern ein Gericht des Landes seines Sitzes.
Für derartige Fälle gibt es die Brüssel-Ia-Verordnung, die auch die gerichtliche Zuständigkeit regelt. Deren Begriffe sind autonom auszulegen, also nicht nach den Regeln des deutschen Zivilrechts. Das gilt auch für den Begriff der unerlaubten Handlung. Der Generalanwalt spricht sich dafür aus, dass es in derartigen Falllagen nicht um die Durchsetzung vertraglicher Pflichten gehe, sondern die unerlaubte Handlung des Kartellrechts vorrangig sei. Das ist insofern nachvollziehbar, als dass im Kartellrecht ein Aufeinandertreffen zwischen Deliktsrecht und Vertragsrecht unausweichlich ist. Es wird immer wieder um vertragliche oder ähnliche Bedingungen gehen. Sollte der Einwand der Plattform durchgreifen, könnte sie sich allein deshalb einer effektiven Durchsetzung des Kartellrechts entziehen. Das Verbot einer bestimmten Handlung ist jedoch zunächst unabhängig von seiner konkreten vertraglichen oder zivilrechtlichen Einordnung. Sollte sich der EuGH dieser Einschätzung anschließen, wäre zunächst geklärt, dass die deutschen Gerichte in Deutschland kartellrechtlich klagen können, auch wenn dies mit den vertraglichen Bedingungen der Plattform zusammenhängt. Das scheint nur eine unwesentliche Nebenfrage zu sein, die jedoch erhebliche praktische Auswirkungen auf die Durchsetzung des Kartellrechts gegenüber Plattformen haben kann.