Soeben hat das Bun­des­kar­tell­amt in einer Pres­se­mit­tei­lung bekannt gege­ben, heu­te zwei neue Ver­fah­ren nach § 19a GWB ein­ge­lei­tet zu haben. Sie rich­ten sich gegen den Goog­le Ger­ma­ny, Goog­le Irland und den Mut­ter­kon­zern Alpha­bet. Es ist nicht über­trie­ben, wenn Andre­as Mundt, der Prä­si­dent des BKar­tA, in letz­ter Zeit von einer Fül­le an Ver­fah­ren nach die­ser Vor­schrift gespro­chen hat­te. Die Behör­de nimmt die Gele­gen­hei­ten und Her­aus­for­de­run­gen der neu­en Vor­schrift an.

Im ers­ten Ver­fah­ren soll die markt­über­grei­fen­de Bedeu­tung des Unter­neh­mens für den Wett­be­werb unter­sucht wer­den. Das ist nach § 19a Abs. 1 GWB Grund­vor­aus­set­zung, um wei­ter­ge­hend tätig zu wer­den. Das BKar­tA bewer­tet dabei die drei benann­ten Ein­hei­ten schein­bar funk­tio­nal als ein Unter­neh­men im kar­tell­recht­li­chen Sinne.

Das zwei­te Ver­fah­ren setzt auf die Fest­stel­lung nach § 19a Abs. 1 GWB auf und beschäf­tigt sich mit den Daten­ver­ar­bei­tungs­be­din­gun­gen des Such­ma­schi­nen­kon­zerns. Die­se kön­nen gemäß § 19a Abs. 2 Nr. 4 a) GWB Gegen­stand einer eigen­stän­di­gen Unter­sa­gungs­ver­fü­gung sein. Vor­aus­set­zung ist, dass ein Unter­neh­men Markt­zu­tritts­schran­ken hat oder erhöht, indem es wett­be­werbs­re­le­van­te Daten ver­ar­bei­tet oder ent­spre­chen­de Geschäfts­be­din­gun­gen for­dert. Das soll ins­be­son­de­re der Fall sein, wenn die Nut­zer kei­ne Wahl­mög­lich­keit haben, ähn­lich so beim Face­book-Fall.

Das BKar­tA will prü­fen, inwie­fern die Ver­ar­bei­tung von Nut­zer­da­ten Goog­le kon­zern­über­grei­fend mög­lich ist. Damit knüpft die Behör­de an einer Über­le­gung an, die es bereits früh im Zusam­men­hang mit der DSGVO gab: Mög­li­cher­wei­se kön­nen die stren­gen, unter ande­rem for­ma­len, Vor­ga­ben gera­de und erst recht von gro­ßen Unter­neh­men und Platt­for­men ein­ge­hal­ten wer­den. Geschieht dies zulas­ten ande­rer Unter­neh­men oder des Wett­be­werbs, so könn­te dies hier über eine Ver­fü­gung nach § 19a Abs. 2 GWB auf­ge­fan­gen wer­den. Dabei wird die Behör­de auch unter­su­chen müs­sen, wie die Wahl­mög­lich­keit der Nut­zer bes­ser sicher­ge­stellt wer­den kann und ob der­ar­ti­ge Defi­zi­te auf der Geset­zes­ebe­ne und sei­nes Voll­zugs aus­ge­rech­net wie­der über das Kar­tell­recht gelöst wer­den müssen.

Erst letz­te Woche hat­te die Behör­de ein zwei­tes Ver­fah­ren nach § 19a GWB gegen­über Ama­zon ein­ge­lei­tet. Mit dem ers­ten Ver­fah­ren hat sie nur weni­ge Tage nach Inkraft­tre­ten der Vor­schrift gewartet.

Update vom 4.6.2021: Heu­te hat das Bun­des­kar­tell­amt bekannt gege­ben, ein wei­te­res Ver­fah­ren gegen­über Goog­le ein­ge­lei­tet zu haben. Die­ses Mal soll Goog­le News Show­ca­se geprüft wer­den. Hin­ter­grund ist unter ande­rem die Beschwer­de einer urhe­ber­recht­li­chen Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft. In dem Zusam­men­hang wird es auch um das Pres­se-Leis­tungs­schutz­recht gehen, wie aus der Mit­tei­lung deut­lich wird: „Dane­ben geht das Bun­des­kar­tell­amt der Fra­ge nach, ob die zu Grun­de lie­gen­den Ver­trags­be­din­gun­gen die teil­neh­men­den Ver­la­ge unan­ge­mes­sen benach­tei­li­gen, ins­be­son­de­re ihnen eine Durch­set­zung des von Bun­des­tag und Bun­des­rat im Mai 2021 beschlos­se­nen Leis­tungs­schutz­rechts der Pres­se­ver­le­ger unver­hält­nis­mä­ßig erschwe­ren.“ Hier­mit hat­te sich die Behör­de bereits vor eini­gen Jah­ren ein­mal beschäf­tigt, damals noch unter dem Licht des geschei­ter­ten deut­schen Pres­se-Leis­tungs­schutz­rechts. Mitt­ler­wei­le gibt es einen erneu­ten Anlauf auf der euro­päi­schen Ebe­ne und bereits eine ers­te kar­tell­recht­li­che Ent­schei­dung aus Frankreich.

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Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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