Im März 2021 hat das OLG Düsseldorf seine Vorlagefragen an den EuGH im Beschwerdeverfahren des Unternehmens Facebook/Meta beschlossen. Im Mai 2022 fand dann die mündliche Verhandlung beim EuGH in Luxemburg statt. Ich war als anwaltlicher Vertreter für den Beigeladenen dabei. Ganz aktuell wurde der Termin für die Verkündung der Entscheidung festgelegt, auf die wir alle gespannt warten. Er findet am 4.7.2023 statt.
Worum geht es in dem Verfahren?
Im März 2016 hat das Bundeskartellamt seinen Verdacht geäußert, dass Facebook mit seinen Datenverarbeitungspraktiken gegen das kartellrechtliche Marktmachtmissbrauchsverbot verstößt, indem es datenschutzrechtswidrige Verarbeitungspraktiken verwende. Das war noch vor der DSGVO. Dogmatisch stützte sich die Behörde damals schon auf eine BGH-Entscheidung, wonach ein sogenannter Konditionenmissbrauch auch bei Verstößen gegen das AGB-Recht angenommen werden könne. Diesen Ansatz übertrug sie in der Folge auf das Datenschutzrecht. Im Frühjahr 2019 erging dann eine Untersagungsverfügung. Diese greift Facebook mit einer Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf an.
Da Beschwerden gegen Entscheidungen des BKartA keine aufschiebende Wirkung haben, hatte das Unternehmen zudem einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erhoben. Das OLG gab dem zunächst statt. Der BGH hob diese Entscheidung auf und nahm dies zum Anlass für erste sehr ausführliche Erläuterungen. Diese können in großen Teilen als Klarstellungen zu seiner eigenen kartellrechtlichen Dogmatik verstanden werden. Unter anderem fand der Senat deutliche Worte zum Verhältnis zwischen Datenschutz und Kartellrecht.
Die Sache schien also schon auf einem frühen Standpunkt geklärt. Dennoch setzte das OLG das Verfahren aus und legte dem EuGH verschiedene Fragen vor.
Worum geht es nun beim EuGH?
Die Vorlagefragen gehen tief an die Grundlagen, wie Kartellbehörden in derartigen Fällen wohl noch entscheiden könnten. So geht es zum einen um die Zuständigkeit der Kartellbehörden, wenn möglicherweise auch andere Behörden Berührungspunkte haben könnten. Darf also das BKartA überhaupt in Fällen entscheiden, die möglicherweise auch von Datenschutzbehörden behandelt werden? Zum anderen folgt hieraus die Frage nach dem materiell-rechtlichen Maßstab. Wie kann überhaupt ein Missbrauch in diesem Kontext festgestellt werden? Neben die Zuständigkeitsfrage tritt dabei die nach der materiellen Betrachtung. Kann oder muss sogar die Kartellbehörde einen Verstoß nur am Maßstab des Datenschutzrechts bewerten?
Und schließlich erfassen die Vorlagefrage datenschutzrechtliche Einzelfragen. Eine bezieht sich darauf, ob eine freiwillige Einwilligung auch gegenüber einem marktbeherrschenden Unternehmen abgegeben werden kann.
Am 20.9.2022 hat der Generalanwalt beim EuGH dann seine Schlussanträge veröffentlicht, über die ich hier berichtet hatte.