Das Bundeskartellamt hat diese Woche seinen Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung über Nutzerbewertungen vorgestellt. Darin kommt die Behörde zum Ergebnis, dass es einige Missstände gibt. Sie gibt nicht nur Hinweise an Unternehmen und Politik – dieses Mal wird die Bekanntgabe durch ein professionelles Aufklärungsvideo für Verbraucher auf YouTube abgerundet.
Was sind die Hintergründe und welchen Zweck hat diese Sektoruntersuchung?
Es handelt sich um eine sogenannte verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung. Diese gibt es seit der 9. GWB-Novelle 2017. Die Behörde kann diese auch durchführen, wenn sie den Verdacht hat auf 1. erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, die 2. nach ihrer Art oder ihrem Umfang die Interessen einer Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinträchtigen. Es kommt also nicht mehr allein darauf an, ob der Wettbewerb eingeschränkt oder verfälscht sein kann.
Das Bundeskartellamt hat bereits mehrere Sektoruntersuchungen durchgeführt, unter anderem hinsichtlich der Datenschutzbestimmungen bei Smart-TVs. Dort ging es vor allem um die Geschäftsbedingungen, die sich Anbieter gegenüber Nutzern einräumen lassen. Dies ist in der neuen Sektoruntersuchung nun etwas anders: Denn es ging vor allem darum, ob und wie auf Plattformen Fake-Bewertungen abgegeben werden und welche wettbewerblichen Einflüsse diese haben. Auch hier erlangt die Behörde wertvolles Wissen über Täuschungen im Wettbewerb, das sie zum einen über die Mitteilung kommuniziert. Typischerweise sind dabei auch Hinweise auf Anpassungsbedarf bei Politik und Unternehmen enthalten. Zum anderen dient das Instrument der Sektoruntersuchung auch der allgemeinen Wissensschaffung bei der Behörde. Das gilt bereits bei der allgemeinen Sektoruntersuchung, die mehr auf Wettbewerbsverstöße ausgerichtet ist. Fälle mit Bezügen zur Digitalwirtschaft zeigen jedoch immer mehr die Bedeutung auch der Verbraucherinteressen im Kartellrecht. Es liegt deshalb nahe, dass sich das BKartA darüber ein Bild verschaffen will.
Das Wissen aus einer verbraucherrechtlichen Sektoruntersuchung kann grundsätzlich auch in der privaten Rechtsdurchsetzung eingesetzt werden. Allerdings sperrt § 32e Abs. 6 GWB für einen Übergangszeitraum von vier Monaten den Anspruch auf Ersatz anwaltlicher Kosten.
Was sind die wesentlichen Ergebnisse?
- Es kommt regelmäßig zu falschen Bewertungen. Dies liegt einerseits an der hohen Bedeutung von Nutzerbewertungen für die Gewinnung weiterer Aufträge, der andererseits eine niedrige Motivation der Nutzer zur Abgabe ernsthafter Bewertungen gegenübersteht.
- Die Gegenmaßnahmen der Portale zur Verhinderung gefälschter Nutzerbewertungen sind häufig nicht ausreichend. Die Behörde schlägt hier zum einen vor, dass die Unternehmen ihre Maßnahmen verschärfen. Zum anderen könnten klare und deutlich kommunizierte wirtschaftliche Anreize zur Abgabe von Bewertungen gesetzt werden. Das BKartA hält also freiwillige unentgeltliche Nutzerbewertungen in der Masse für weniger hilfreich, als einen gezielten Wettbewerb der Unternehmen um die Abgabe qualifizierter und entsprechend für alle als solcher gekennzeichneter kommerzieller Nutzerbewertungen.
- Es sollte eine Vorabfilterung von nicht authentischen oder manipulierten Bewertungen neben Hate Speech, Diskriminierungen und Datenschutzverstößen geben. So führt das BKarta auch positive Ermittlungsergebnisse auf, in denen Portale ein eigenes branchenspezifisches Qualitätsmanagement durchführen. Das ist insofern interessant, als dass dies mit der Meinungsfreiheit der Person kollidieren kann, die jeweils die Bewertung abgibt. Allerdings erscheint eine sachliche Rechtfertigung für Sperren von falschen Bewertungen naheliegend. Dies gilt noch einmal mehr dafür, dass gezielt diejenigen Bewertungen gefördert werden können, die zu besseren Verbraucherentscheidungen führen.
- Die Behörde wendet sich insbesondere auch an Unternehmen und Verbraucherverbände, ein rechtskonformes Verhalten der Beteiligten Portale einzufordern. Dies ist auch als Hinweis zu sehen, dass die Rechtsverfolgung weiterhin privat erfolgt.