Der Kartellsenat des BGH hat eine Entscheidung des OLG Düsseldorf im vorläufigen Rechtsschutz von Lufthansa gegen eine Untersagungsverfügung des BKartA bestätigt. Dies geht aus einem Beschluss des BGH vom 3.12.2024 hervor (Aktenzeichen KVR 8/24).
Hintergrund ist ein Verfahren, dass die Wettbewerbsbehörde gegen Lufthansa geführt hatte. Hier kam das BKartA zu dem Ergebnis, dass sich das Unternehmen missbräuchlich verhalten habe, indem es bestimmte Verbindungen mit dem Unternehmen Condor gekündigt hatte. Condor war früher ein verbundenes Unternehmen mit Lufthansa. Lufthansa hatte gegen diese Verfügung Beschwerde eingelegt und daneben vorläufigen Rechtsschutz. Auf diesen vorläufigen Rechtsschutz hin hat das OLG Düsseldorf die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung der Hauptsache angeordnet. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Gegen diese Entscheidung wendeten sich nunmehr Condor und das BKartA — im Ergebnis erfolglos. Das OLG habe zu Recht angenommen, dass ernstliche Zweifel bereits an der formellen Rechtmäßigkeit der Verfügung des BKartA bestehen. Beachtliche Gründe sprächen nämlich dafür, dass gegen einzelne Mitglieder der betreffenden Beschlussabteilung des Bundeskartellamts im Zusammenhang mit einem Aktenvermerk über eine Telefonkonferenz mit Vertretern des BMWi und der weiteren Verfahrensführung die Besorgnis der Befangenheit begründet sei. Aus diesem Vermerk ergebe sich nämlich der Verdacht einer Vorfestlegung der Behördenmitarbeiter auf den Ausgang des Verfahrens gegenüber Lufthansa. Zudem bestehe der Eindruck, dass dieser Vermerk bei der Akteneinsicht vorenthalten wurde. Die Behörde hatte nämlich eine erheblich abweichende Version übermittelt.
Zu den Befangenheitsrügen führt der BGH aus:
aa) Die Anforderungen an eine unparteiische, unvoreingenommene Amtsführung richten sich nach § 54 Abs. 1 Satz 3 GWB i.V.m. §§ 20, 21 VwVfG (Zorn in MüKoEuWettbR, 4. Aufl., § 51 GWB Rn. 17; Klose in Wiedemann KartellR-HdB, 4. Aufl., § 53 Rn. 96). Nach § 21 Abs. 1 VwVfG kann ein Beteiligter geltend machen, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung der für eine Behörde tätigen Person zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Misstrauen tatsächlich gerechtfertigt ist oder sich der Amtsträger für befangen hält. Es genügt der bloße Anschein der Parteilichkeit. Ebenso wie bei § 42 Abs. 2 ZPO ist deshalb allein entscheidend, ob aus der Sicht eines vernünftig und besonnen denkenden Beteiligten unter den gegebenen Umständen des konkreten Falles objektive Gründe bestehen, an der Unvoreingenommenheit des Amtswalters zu zweifeln (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juni 1963 — 7 C 44/62, BVerwGE 16, 150, 153; vom 20. Oktober 2021 — 6 C 8/20, BVerwGE 174, 1, Rn. 76; Vorster in BeckOK KartellR, 14. Edition, § 61 GWB Rn. 22.1).
BGH Kartellsenat, Beschluss vom 3.12.2024, Az. KVR 8/24, Rz. 16
Maßgeblich ist also, ob schon ein objektiver Anschein der Parteilichkeit besteht. Auf ein subjektives Empfinden kommt es nicht an. Noch nicht kritisch ist dabei allein ein Kontakt zu anderen Behörden oder ein Informationsaustausch mit diesen. Zudem sind die Kooperationen teilweise in §§ 50a GWB ff. vorgeschrieben. Auch auf die Entscheidung des EuGH vom 4.7.2023, Az. C‑252/21 zur Pflicht der loyalen Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden weist der Kartellsenat hin. Für einen bloßen Informationsaustausch und eine Sachverhaltsermittlung war deshalb sogar ein Kontakt mit dem BMWi noch zulässig. Allerdings müssten derartige Gespräche mit Vertretern des öffentlichen Raums vor Verfahrensabschluss lückenlos dokumentiert und für alle Verfahrensbeteiligten transparent gemacht werden. Die Wettbewerbsbehörde muss also ihre funktionelle Unabhängigkeit wahren. Dies sei hier nicht erfolgt, was sich insbesondere durch die Inhalte des Vermerkes bestätige.
Die Unbefangenheit der jeweiligen Personen bei der Wettbewerbsbehörde ist ganz wesentlich für die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidungen. Das gilt gerade bei wettbewerbspolitisch relevanten Verfahren. Hier müssen die Behörden auf eine lückenlose und transparente Dokumentation achten und sich gegen jede Einflussnahme wehren. Gelingt ihnen dies nicht, kann schon der Anschein einer Parteilichkeit im Raum stehen. Für betroffene Unternehmen ist es wichtig, hier auf die ordnungsgemäße Durchführung der Verfahren zu achten. Auch bei Verfahren vor der Bundesnetzagentur gelten diese Grundsätze, wie das VG Köln jüngst entschieden hat. Wir können aufgrund unserer Praxiserfahrung derartige Verfahren vor den Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden für Sie anwaltlich begleiten.