Nächs­te Woche wird der BGH über die bei­hil­fe­recht­li­chen Ansprü­che der Deut­schen Luft­han­sa gegen­über der Betrei­ber­ge­sell­schaft des Flug­ha­fens Frank­furt-Hahn ver­han­deln. Der Aus­gang des Ver­fah­rens ist für die pri­va­te Rechts­durch­set­zung des Bei­hil­fe­rechts sehr rele­vant. Hier fin­det sich die Pres­se­mit­tei­lung mit dem Hin­weis auf den Sit­zungs­ter­min des I. Zivilsenats.

Hin­ter­grund des Streits sind ermä­ßig­te Flug­ha­fen­ent­gel­te und Mar­ke­ting-Suport, die die Beklag­te gegen­über dem Wett­be­werbs­un­ter­neh­men Ryan­air gewährt hat­te. Die Deut­sche Luft­han­sa hält dies für nach Art. 107 AEUV sowie Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV unzu­läs­si­ge Beihilfen.

Das Beru­fungs­ge­richt hat­te die bei­hil­fe­recht­li­chen Besei­ti­gungs­an­sprüche nicht zuge­spro­chen. Zwar sah es die mate­ri­el­le Vor­schrift des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV sowohl als Schutz­ge­setz im Sin­ne des § 823 Abs. 2 BGB als auch als Markt­ver­hal­tens­re­ge­lung nach § 3a UWG an. Aller­dings hat­te zuvor die Kom­mis­si­on in einem ver­fah­rens­be­en­den­den Beschluss ent­schie­den, dass die geprüf­ten Maß­nah­men teil­wei­se nicht als Bei­hil­fe qua­li­fi­ziert und im Übri­gen als mit dem Bin­nen­markt ver­ein­bar geneh­migt wor­den sei­en. Hier­ge­gen könn­te die Klä­ge­rin zwar Ein­wän­de erhe­ben. Aller­dings dür­fe von die­sem bin­den­den Beschluss nicht abge­wi­chen wer­den, son­dern es kom­me nur eine Gül­tig­keits­vor­la­ge nach Art. 267 AEUV in Betracht.

Eine der­ar­ti­ge Vor­la­ge sah das Beru­fungs­ge­richt vor­lie­gend aber aus zwei Grün­den nicht gebo­ten. Ers­tens betraf die Kla­ge teil­wei­se Ansprü­che, die bereits ver­jährt sei­en. Die Vor­la­ge­fra­ge sei dem­nach uner­heb­lich. Zwei­tens bestün­den hin­sicht­lich der übri­gen Ansprü­che kei­ne durch­grei­fen­den Beden­ken gegen die Recht­mä­ßig­keit des Beschlus­ses der Kom­mis­si­on. Das Gericht sieht also eine Aus­le­gung des Uni­ons­rechts als offen­kun­dig an. 

Die­se Rechts­auf­fas­sung wird von dem BGH kri­tisch auf zwei Punk­te unter­sucht wer­den müs­sen: Ers­tens geht es um die Fra­ge, ob ange­sichts der Recht­spre­chung des EuGH eine Vor­la­ge­pflicht bestand. Hier­zu hat­te der EuGH in den letz­ten Jah­ren ver­schie­dent­lich Stel­lung genom­men. Eine Vor­la­ge kann danach in drei Fäl­len unterbleiben:

  1. Uner­heb­lich­keit der Vorlagefrage
  2. Vor­la­ge­fra­ge war bereits Gegen­stand der Aus­le­gung durch den EuGH
  3. Aus­le­gung des Uni­ons­rechts ist offenkundig

Zwei­tens wird hier­an gemes­sen geprüft, ob das Beru­fungs­ge­richt sei­ne Ableh­nungs­ent­schei­dung hin­rei­chend sach­lich begrün­det hat. Die­ser Maß­stab wird dann auch für den BGH gel­ten. Denn eine feh­len­de oder nicht aus­rei­chen­de Begrün­dung kann einen Ver­stoß gegen das Recht auf gesetz­li­chen Rich­ter dar­stel­len. Kann der BGH nach der Ver­hand­lung die Fra­gen nicht selbst beant­wor­ten, so steht auch hier­bei eine Vor­la­ge an den EuGH im Raum. 

Die Fra­ge ist vor allem ver­fah­rens­recht­lich für den Rechts­schutz gegen unzu­läs­si­ge Bei­hil­fen inter­es­sant. Das gilt für Ver­fah­ren vor den Zivil­ge­rich­ten und auch vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten, wie die­se etwa bei rechts­wid­ri­ger Breit­band­för­de­rung in Betracht kom­men. Der BGH wird zudem die jün­ge­ren Ent­wick­lun­gen zur Vor­la­ge­pflicht berücksichtigen.

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Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

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