Vor weni­gen Mona­ten hat­te ich bereits über die aktu­el­len Bewe­gun­gen im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht berich­tet. Eine der inter­es­san­ten neu­en Vor­schlä­ge sind die Vor­schrif­ten über Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen. Die­ses Instru­ment ken­nen vie­le bereits aus dem Kar­tell­recht. Dort dient es vor allem der Besei­ti­gung etwa­iger Ver­stoß­ver­fah­ren durch die Kar­tell­be­hör­den. Mit­tels Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen kön­nen sich wett­be­werb­li­che Beden­ken ent­kräf­ten las­sen. Im Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht ist das leicht anders, wes­halb es eigen­stän­di­ger Rege­lun­gen bedarf. Die Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen die­nen hier der Frei­stel­lung von Regu­lie­rung. Die Unter­neh­men sol­len die Mög­lich­keit haben, sich etwa­iger markt­re­gu­lie­ren­der Ein­grif­fe durch die Bun­des­netz­agen­tur ent­zie­hen zu kön­nen. Ich hat­te hier­zu damals schon eine kur­ze Über­sicht im Blog von CR-online geschrie­ben. Wer das noch aus­führ­li­cher lesen möch­te, fin­det von mir einen Bei­trag in der Zeit­schrift Netz­wirt­schaf­ten & Recht (N&R).

Die Vor­schrif­ten dazu fin­den sich in den §§ 16, 17 TKG-RefE, die ich hier der Ein­fach­heit hal­ber ein­mal aus dem ges­tern ver­öf­fent­lich­ten Dis­kus­si­ons­vor­schlag darstelle:

§ 16 Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen
(1) Unter­neh­men mit beträcht­li­cher Markt­macht kön­nen der Bun­des­netz­agen­tur zu den für ihre Net­ze gel­ten­den Zugangs- oder Ko-Inves­ti­ti­ons­be­din­gun­gen vor­le­gen, damit die Bun­des­netz­agen­tur über eine Ver­bind­lich­keits­er­klä­rung nach § 17 ent­schei­den kann; die Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen kön­nen sich ins­be­son­de­re auf Fol­gen­des bezie­hen:
1. kom­mer­zi­el­le Ver­ein­ba­run­gen, die in Bezug auf die Bewer­tung geeig­ne­ter und ange­mes­se­ner Ver­pflich­tun­gen nach § 11 rele­vant sind;
2. Ko-Inves­ti­ti­ons­an­ge­bo­te betref­fend die Errich­tung von Net­zen mit sehr hoher Kapa­zi­tät, die bis zu den Gebäu­den des End­nut­zers oder der Basis­sta­ti­on aus Glas­fa­ser­kom­po­nen­ten bestehen, oder
3. Zugang für Drit­te nach § 30, sowohl wäh­rend des Umset­zungs­zeit­raums als auch nach voll­stän­di­ger Umset­zung einer frei­wil­li­gen funk­tio­nel­len Tren­nung durch ein ver­ti­kal inte­grier­tes Unter­neh­men.
Das Unter­neh­men ver­öf­fent­licht die nach Satz 1 vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen zugleich auf sei­ner Inter­net­sei­te.
(2) Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen müs­sen fair, ange­mes­sen, nicht­dis­kri­mi­nie­rend und für alle Markt­teil­neh­mer offen sein. Die Bun­des­netz­agen­tur prüft die vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen im Markt­prü­fungs­ver­fah­ren nach § 17, es sei denn, die vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen erfül­len eine oder meh­re­re rele­van­te Bedin­gun­gen offen­kun­dig nicht.
(3) Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen für Ko-Inves­ti­ti­ons­an­ge­bo­te nach Absatz 1 Satz 1 Num­mer 2 müs­sen fol­gen­de Anfor­de­run­gen erfül­len:
1. das Ko-Inves­ti­ti­ons­an­ge­bot steht Betrei­bern öffent­li­cher Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze oder Anbie­tern öffent­lich zugäng­li­cher Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te zu jedem Zeit­punkt wäh­rend der Lebens­dau­er des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes offen;
2. die Kon­di­tio­nen des Ko-Inves­ti­ti­ons­an­ge­bots ermög­li­chen es ande­ren Ko-Inves­to­ren, die Betrei­ber öffent­li­cher Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze oder Anbie­ter öffent­lich zugäng­li­cher Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te sind, auf den nach­ge­la­ger­ten Märk­ten, in denen das Unter­neh­men mit beträcht­li­cher Markt­macht tätig ist, lang­fris­tig wirk­sam und nach­hal­tig im Wett­be­werb zu bestehen; dies umfasst:
a) fai­re, ange­mes­se­ne und nicht­dis­kri­mi­nie­ren­de Bedin­gun­gen, die den Zugang zur Kapa­zi­tät des Net­zes in vol­lem, min­des­tens aber der Ko-Inves­ti­ti­on ent­spre­chen­dem Umfang sichern;
b) Fle­xi­bi­li­tät hin­sicht­lich Umfang und Zeit­punkt der Betei­li­gung der ein­zel­nen Ko-Inves­to­ren, ein­schließ­lich der Mög­lich­keit, den Umfang der Betei­li­gung zukünf­tig aus­zu­wei­ten und die im Rah­men der Ko-Inves­ti­tio­nen über­nom­me­nen Rech­te und Pflich­te auf Drit­te zu über­tra­gen;
c) Gewäh­rung glei­cher wech­sel­sei­ti­ger Rech­te durch die Ko-Inves­to­ren nach Abschluss der Errich­tung der von der Ko-Inves­ti­ti­on umfass­ten Infra­struk­tur, ein­schließ­lich der Gewäh­rung gegen­sei­ti­gen Zugangs;
3. das Ko-Inves­ti­ti­ons­an­ge­bot ist trans­pa­rent und wird durch das markt­mäch­ti­ge Unter­neh­men recht­zei­tig, spä­tes­tens aber sechs Mona­te vor Beginn der Errich­tung des von der Ko-Inves­ti­ti­on umfass­ten Net­zes öffent­lich auf sei­nen Inter­net­sei­ten ver­füg­bar gemacht;
4. die Kon­di­tio­nen des Zugangs für nicht an der Ko-Inves­ti­ti­on betei­lig­te Unter­neh­men ermög­li­chen es Zugangs­nach­fra­gern auf den nach­ge­la­ger­ten Märk­ten, in denen das markt­mäch­ti­ge Unter­neh­men tätig ist, lang­fris­tig wirk­sam und nach­hal­tig im Wett­be­werb zu bestehen; dies umfasst fai­re, ange­mes­se­ne und nicht­dis­kri­mi­nie­ren­de Bedin­gun­gen des Zugangs, die min­des­tens die Qua­li­tät, die Geschwin­dig­keit und die End­nut­zer­reich­wei­te auf­wei­sen wie vor Errich­tung der von der Ko-Inves­ti­ti­on umfass­ten Infra­struk­tur sowie einen Anpas­sungs­me­cha­nis­mus, der sol­che Bedin­gun­gen mit Blick auf die Ent­wick­lung der End­kun­den­märk­te auch lang­fris­tig absi­chert.
Die Bun­des­netz­agen­tur trägt hier­bei den Leit­li­ni­en, die das GEREK nach Arti­kel 76 Absatz 4 der Richt­li­nie (EU) 2018/1972 ver­öf­fent­licht, wei­test­ge­hend Rech­nung.
(4) Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen nach Absatz 1 Satz 1 Num­mer 3 müs­sen einen effek­ti­ven und nicht­dis­kri­mi­nie­ren­den Zugang für Drit­te sowohl wäh­rend des Umset­zungs­zeit­raums als auch nach voll­stän­di­ger Umset­zung einer frei­wil­li­gen funk­tio­nel­len Tren­nung durch ein ver­ti­kal inte­grier­tes Unter­neh­men gewähr­leis­ten.

§ 17 Markt­prü­fungs­ver­fah­ren für Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen
(1) Die Bun­des­netz­agen­tur erklärt Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen des Unter­neh­mens mit beträcht­li­cher Markt­macht regel­mä­ßig für den ange­bo­te­nen Zeit­raum ganz oder teil­wei­se durch Beschluss für ver­bind­lich, wenn sie die jeweils anzu­wen­den­den Bedin­gun­gen des § 16 Absatz 1 bis 4 erfül­len. Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen nach § 16 Absatz 1 Num­mer 2 sind abwei­chend von Satz 1 für min­des­tens sie­ben Jah­re für ver­bind­lich zu erklä­ren.
(2) Die Bun­des­netz­agen­tur gibt den inter­es­sier­ten Par­tei­en Gele­gen­heit, zu den nach § 16 Absatz 1 vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen in der Regel inner­halb eines Monats Stel­lung zu neh­men.
(3) Die Bun­des­netz­agen­tur teilt dem Unter­neh­men mit beträcht­li­cher Markt­macht inner­halb von sechs Wochen nach Ablauf der Anhö­rungs­frist nach Absatz 2 eine vor­läu­fi­ge Bewer­tung der vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen mit. Genü­gen die­se den jeweils anzu­wen­den­den Bedin­gun­gen des § 16 Absatz 1 bis 4 nicht, teilt die Bun­des­netz­agen­tur dies dem Unter­neh­men mit beträcht­li­cher Markt­macht mit. Nach Mit­tei­lung der vor­läu­fi­gen Bewer­tung durch die Bun­des­netz­agen­tur kann das Unter­neh­men mit beträcht­li­cher Markt­macht die ursprüng­lich vor­ge­leg­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen inner­halb von sechs Wochen ändern, um der vor­läu­fi­gen Bewer­tung der Bun­des­netz­agen­tur Rech­nung zu tra­gen.
(4) Die Bun­des­netz­agen­tur prüft zwölf Mona­te vor Ablauf des Gel­tungs­zeit­raums von für ver­bind­lich erklär­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen eine Ver­län­ge­rung der Lauf­zeit.
(5) Die Bun­des­netz­agen­tur über­wacht und gewähr­leis­tet die Ein­hal­tung der von ihr nach Absatz 1 für ver­bind­lich erklär­ten Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen. Sie kann das markt­mäch­ti­ge Unter­neh­men zu die­sem Zwe­cke auf­for­dern, jähr­li­che Kon­for­mi­täts­er­klä­run­gen abzugeben.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

Weitere Artikel

Newsletter

Updates zum Kartell- und Telekommunikationsrecht