Heu­te hat end­lich das Bun­des­kar­tell­amt sein Ver­fah­ren gegen­über Face­book abge­schlos­sen. Dem­nach wer­den dem Unter­neh­men bestimm­te Daten­ver­ar­bei­tun­gen hin­sicht­lich Dritt­quel­len unter­sagt. Die Ent­schei­dung bie­tet Poten­zi­al für ange­reg­te Dis­kus­sio­nen. Hier eine ers­te Ein­schät­zung und Ant­wor­ten auf die wesent­li­chen Fra­gen als Cross­post zu einem Bei­trag auf Telemedicus:

Worum geht es in dem Verfahren des BKartA gegenüber Facebook?

Face­book steht bereits seit län­ge­rem in der öffent­li­chen Kri­tik. Zwei Vor­wür­fe sind dabei prä­gend auch für die­ses Ver­fah­ren: Ers­tens, das Unter­neh­men ver­sto­ße mas­sen­haft gegen Daten­schutz­recht. Zwei­tens, das Unter­neh­men sei markt­mäch­tig, gar ein Monopolist.

2016 hat das Bun­des­kar­tell­amt in einer Pres­se­mit­tei­lung bekannt gege­ben, ein förm­li­ches Kar­tell­ver­wal­tungs­ver­fah­ren gegen­über Face­book ein­ge­lei­tet zu haben. Dabei soll­te unter­sucht wer­den, ob das Unter­neh­men gegen gel­ten­des Kar­tell­recht ver­stie­ße, näm­lich ins­be­son­de­re einen soge­nann­ten Kon­di­tio­nen­miss­brauch bege­he. Dies stell­te die Behör­de in einen Zusam­men­hang mit einem mög­li­chen (fest­zu­stel­len­den) Ver­stoß gegen das gel­ten­de Daten­schutz­recht. Die Erwar­tun­gen waren ent­spre­chend groß, dass das Bun­des­kar­tell­amt nun­mehr den Daten­schutz­be­hör­den unter die Arme greift und ihnen hilft, das Daten­schutz­recht durchzusetzen.

Ende 2017 gab das Bun­des­kar­tell­amt ers­te Zwi­schen­er­geb­nis­se und sei­ne vor­läu­fi­ge Ein­schät­zung in dem Ver­fah­ren bekannt. Dem­nach ver­fü­ge das Unter­neh­men über eine markt­be­herr­schen­de Stel­lung, und zwar auf dem abge­grenz­ten Markt für iden­ti­täts­ba­sier­te Netz­wer­ke. Auf die­sem Markt miss­brau­che das Unter­neh­men sei­ne markt­be­herr­schen­de Stel­lung, indem es sich einen „umfang­rei­chen Spiel­raum bei der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten“ ein­räu­men las­se. Gleich­zei­tig stell­te die Behör­de klar, dass sich das Ver­fah­ren nicht auf die Daten­nut­zung auf Face­book selbst, also inner­halb des sozia­len Netz­werks bezie­he. Statt­des­sen gehe es um Ver­trags­kon­di­tio­nen im Zusam­men­hang mit Daten aus soge­nann­ten Dritt­quel­len, womit die Behör­de alle Web­sei­ten außer­halb des sozia­len Netz­werks meint. Das betrifft auch Diens­te, die zwar zum Face­book-Kon­zern gehö­ren, aber als sepa­ra­tes Ange­bot aus­ge­stal­tet sind. In die­sem Fall wer­den die Daten über Schnitt­stel­len an Face­book wei­ter­ge­lei­tet. Ein bekann­tes Bei­spiel hier­für ist der Face­book-Like-But­ton, der sich auf Web­sei­ten ein­bin­den lässt. Außer­dem stellt das BKar­tA in einem Hin­ter­grund­pa­pier sei­ne recht­li­che Ein­schät­zung dar, dass bei der Bewer­tung des mög­li­chen Kar­tell­ver­sto­ßes „daten­schutz­recht­li­che Wer­tun­gen“ zu berück­sich­ti­gen seien.

Das Bundeskartellamt setzt das Kartellrecht durch, geht es hier aber nicht um Datenschutz?

Der letz­te Punkt ist die eigent­li­che Kern­fra­ge des Ver­fah­rens: Kann über den Hebel des Kar­tell­rechts auch das Daten­schutz­recht als sol­ches durch­ge­setzt wer­den? Kommt es also für einen Kar­tell­rechts­ver­stoß auf einen posi­tiv fest­ge­stell­ten Daten­schutz­rechts­ver­stoß an?

Der recht­li­che Anknüp­fungs­punkt die­ses Ver­fah­rens ist das kar­tell­recht­li­che Ver­bot des Miss­brauchs einer markt­be­herr­schen­den Stel­lung. Die­ses ver­bie­tet stark ver­kürzt einem markt­mäch­ti­gen Unter­neh­men, sei­ne Markt­stel­lung miss­bräuch­lich aus­zu­nut­zen. Es muss also ers­tens über­haupt eine markt­be­herr­schen­de Stel­lung vor­lie­gen und zwei­tens muss gera­de die­se miss­bräuch­lich aus­ge­nutzt wer­den. Neben die­sem Markt­macht­miss­brauchs­ver­bot gibt es im Kar­tell­recht noch das all­ge­mei­ne Kar­tell­ver­bot und die Fusi­ons­kon­trol­le, die bei­de in die­sem Ver­fah­ren nicht betrof­fen sind.

Eine Fall­grup­pe des Markt­macht­miss­brauchs­ver­bots ist der Aus­beu­tungs­miss­brauch. Die­ser ver­bie­tet es dem Unter­neh­men, miss­bräuch­lich von der Gegen­sei­te Vor­tei­le zu erlan­gen, die ihm nicht zuste­hen. Dies kann ent­we­der dadurch erfol­gen, indem sich das Unter­neh­men einen Preis ein­räu­men lässt, der unter wett­be­werb­li­chen Umstän­den nicht ver­langt wer­den könn­te. Stark ver­ein­facht ist dies bei hohen Prei­sen eines Markt­be­herr­schers der Fall, die die­ser allein auf­grund sei­ner Markt­stel­lung durch­set­zen kann.

Die ande­re Vari­an­te des Aus­beu­tungs­miss­brauchs ist der auch in die­sem Ver­fah­ren von der Behör­de unter­such­te Kon­di­tio­nen­miss­brauch. Damit wer­den neben dem Preis auch ande­re Bedin­gun­gen erfasst, die sich das markt­be­herr­schen­de Unter­neh­men ein­räu­men lässt. Auch hier kommt es dar­auf an, ob das Unter­neh­men Vor­tei­le erhält, die ihm unter wett­be­werb­lich gepräg­ten Umstän­den nicht zuste­hen. Die­se Vor­tei­le bestehen jedoch nicht in einem Preis, son­dern in den sons­ti­gen Geschäfts­be­din­gun­gen des Unter­neh­mens. Zu die­sen kön­nen grund­sätz­lich auch die­je­ni­gen Bedin­gun­gen zäh­len, die sich auf die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten bezie­hen. Im Rah­men des Kon­di­tio­nen­miss­brauchs kann also grund­sätz­lich unter­sucht wer­den, ob ein markt­be­herr­schen­des Unter­neh­men sei­ne Markt­ge­gen­sei­te im Zusam­men­hang mit Daten­nut­zun­gen ausbeutet.

Welche konkreten Problemstellungen ergeben sich da?

Die bedeut­sams­te Fra­ge ist in die­sem Ver­fah­ren, wie ein Kon­di­tio­nen­miss­brauch im Zusam­men­hang mit den Daten­nut­zun­gen fest­ge­stellt wer­den könn­te. Kann es hier­bei wirk­lich dar­auf ankom­men, dass ein markt­be­herr­schen­des Unter­neh­men gegen aus­drück­li­che daten­schutz­recht­li­che Vor­schrif­ten ver­stößt? Dann wür­de das gel­ten­de Daten­schutz­recht den allei­ni­gen Maß­stab set­zen. Der Kar­tell­rechts­ver­stoß könn­te danach also durch einen Daten­schutz­rechts­ver­stoß erfüllt wer­den, wäre also in die­ser Kon­stel­la­ti­on akzes­so­risch.

Die­ses ein­fa­che Vor­ge­hen wäre jedoch aus meh­re­ren Grün­den kri­tisch, wie auch ein sehr bana­les Bei­spiel zeigt: Wür­de es allein auf den posi­ti­ven Rechts­ver­stoß des markt­be­herr­schen­den Unter­neh­mens ankom­men, lie­ßen sich ihm zahl­rei­che ande­re Ver­stö­ße eben­so zurech­nen. Ein markt­be­herr­schen­des Unter­neh­men dürf­te also auch aus kar­tell­recht­li­chen Grün­den nicht gegen umwelt­recht­li­che, arbeits­recht­li­che und vie­le ande­re Vor­schrif­ten ver­sto­ßen. Das wäre nicht nur rechts­staat­lich bedenk­lich. Dies ergibt sich auch aus dem Wort­laut der kar­tell­recht­li­chen Vor­schrif­ten zum Markt­macht­miss­brauchs­ver­bot, der die miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung gera­de der markt­be­herr­schen­den Stel­lung ver­langt. Es kann also nicht jeder Rechts­ver­stoß eines Markt­be­herr­schers gleich­zei­tig des­sen kar­tell­recht­li­che Haf­tung auslösen.

Doch wo liegt das Kor­rek­tiv für eine der­art exzes­si­ve Aus­le­gung des Aus­beu­tungs­miss­brauchs? Einer­seits könn­te man dies in den jewei­li­gen Vor­schrif­ten selbst suchen. So wird viel­fach argu­men­tiert, Rechts­ver­stö­ße könn­ten jeden­falls dann einen Aus­beu­tungs­miss­brauch dar­stel­len, wenn die zugrun­de­lie­gen­de Rechts­norm „einen Wett­be­werbs­be­zug“ hat. Das wür­de beim Daten­schutz­recht bedeu­ten, dass die­ses auf sei­nen Wett­be­werbs­be­zug hin über­prüft wer­den müss­te. Teil­wei­se wird dies mit einem Ver­weis auf das in Art. 1 Abs. 1 DSGVO fest­ge­leg­te Ziel eines frei­en Ver­kehrs per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten ange­nom­men. Das wäre jedoch zu leicht und wür­de bedeu­ten, dass allein durch einen ent­spre­chen­den objek­ti­ven Ver­merk in einem Gesetz bereits des­sen Wett­be­werbs­be­zug her­ge­stellt wer­den könnte.

Dass auch die Behör­de eine rein akzes­so­ri­sche Prü­fung nicht befür­wor­tet, lässt sich bereits aus den ver­än­der­ten For­mu­lie­run­gen in den Pres­se­mit­tei­lun­gen mit fort­lau­fen­dem Ver­fah­ren ent­neh­men. So sprach das Bun­des­kar­tell­amt noch 2016 von einem „Ver­dacht auf Markt­macht­miss­brauch durch Daten­schutz­ver­stö­ße“ und einem „Anfangs­ver­dacht, dass die Nut­zungs­be­din­gun­gen von Face­book gegen daten­schutz­recht­li­che Vor­schrif­ten ver­sto­ßen“. In den Ende 2017 bekannt gege­be­nen Zwi­schen­er­geb­nis­sen war nur noch die Rede von Ver­stö­ßen gegen „zwin­gen­de euro­päi­sche Daten­schutz­wer­tun­gen“. Was die­se Wer­tun­gen sind und wie die­se im Rah­men des Kon­di­tio­nen­miss­brauchs her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen, blieb bis­lang offen. So lie­ße sich argu­men­tie­ren, das posi­ti­ve Daten­schutz­recht for­me jeden­falls einen Stan­dard in Form einer äuße­ren Gren­ze des recht­lich Zuläs­si­gen, der im Wett­be­werb ein­ge­hal­ten wer­den muss. Dies ent­spricht einem Wohl­fahrts­den­ken. Hiel­te ein markt­be­herr­schen­des Unter­neh­men also den vor­ge­ge­be­nen posi­ti­ven Rechts­rah­men ein, so wäre dies auch kar­tell­recht­lich unbe­denk­lich. Ob dies noch mit einem wirk­sa­men Wett­be­werb ver­ein­bar ist, der ja zunächst frei agie­ren kön­nen soll, ist aber fraglich.

Die ande­re wich­ti­ge Fra­ge ist die nach der Markt­macht des Unter­neh­mens Face­book. Eine Ant­wort hier­auf ist nicht der­art tri­vi­al, wie dies gera­de in der letz­ten Zeit immer wie­der kol­por­tiert wird. Zum einen bie­tet Face­book sei­ne Diens­te an den End­nut­zer ohne ein preis­li­ches Ent­gelt an. Dass hier­durch nicht der rele­van­te und damit kar­tell­recht­lich unter­such­ba­re Markt ent­fällt, wur­de bereits gesetz­lich klar­ge­stellt. Aber auch ansons­ten lässt sich bei Platt­for­men gera­de des­halb eine Markt­be­zie­hung anneh­men, dass sie die ver­meint­li­che Unent­gelt­lich­keit dadurch erzie­len kön­nen, dass sie ihre Kos­ten auf eine ande­re Nut­zer­grup­pe ver­la­gern, in die­sem Fall unter ande­rem Wer­be­kun­den. Letz­te­ren wird als Leis­tung dann die Reich­wei­te über das Netz­werk ange­bo­ten, die ent­spre­chend preis­lich ver­gü­tet wird. Dafür, dass die End­nut­zer Teil die­ses Netz­werks sind und damit die „ver­kauf­ba­re“ Reich­wei­te stär­ken, müs­sen sie kein Ent­gelt bezah­len. Sie erhal­ten also gewis­ser­ma­ßen einen Rabatt dafür, dass sie über­haupt Teil des Netz­werks sind. Die­se Mehr­sei­tig­keit der­ar­ti­ger Platt­for­men führt aber auch dazu, dass zwi­schen den ein­zel­nen Nut­zer­grup­pen star­ke Zwi­schen­wir­kun­gen bestehen. Deren Bedeu­tung in kar­tell­recht­li­chen Zusam­men­hän­gen ist noch nicht hin­rei­chend geklärt, sodass auch hier das Face­book-Ver­fah­ren Neu­ig­kei­ten brin­gen wird.

Wie hat nun die Behörde entschieden?

Das Ver­fah­ren war von Beginn an nicht auf ein Buß­geld aus­ge­rich­tet. Wie erwar­tet und nicht über­ra­schend hat das Bun­des­kar­tell­amt dem Unter­neh­men die bis­he­ri­ge Sam­mel­pra­xis inso­weit unter­sagt, als dass Daten von ande­ren Platt­for­men auf Face­book ohne aus­rei­chen­de Ein­wil­li­gung der Nut­zer zusam­men­ge­führt wer­den. Liegt die­se Ein­wil­li­gung nicht vor, so dür­fen die Daten­sät­ze nicht kom­bi­niert wer­den. Der Prä­si­dent des Bun­des­kar­tell­am­tes, Andre­as Mundt, erklär­te dies mit einer „Art inne­ren Ent­flech­tung“ Face­books. Die Daten­sam­mel­pra­xis auf der Platt­form Face­book selbst hat das Bun­des­kar­tell­amt nicht bewertet.

Wie hat das Bun­des­kar­tell­amt nun den Kon­di­tio­nen­miss­brauch durch Face­book dog­ma­tisch begrün­det? Eine unmit­tel­ba­re Anwen­dung daten­schutz­recht­li­cher Vor­schrif­ten ergibt sich jeden­falls nicht aus der bis­he­ri­gen Mit­tei­lung. Der Nut­zer habe danach nicht die Mög­lich­keit, sich eine Daten­ver­ar­bei­tung zu ent­zie­hen, die er nicht über­bli­cken kann. Dar­in sieht die Behör­de einen Ein­griff in das grund­recht­lich geschütz­te Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung. Die­se For­mu­lie­rung wirkt nicht unüber­legt, son­dern deu­tet auf ein ande­res Vor­ge­hen hin, als eine ledig­lich akzes­so­ri­sche Anknüp­fung des Kon­di­tio­nen­miss­brauchs an das Daten­schutz­recht. Ich hat­te bereits 2016 in einem Auf­satz in der Zeit­schrift WRP argu­men­tiert, dass nicht der posi­ti­ve Rechts­ver­stoß gegen außer-kar­tell­recht­li­che Vor­schrif­ten maß­geb­lich sein kann, son­dern bereits die Rege­lun­gen zum Kon­di­tio­nen­miss­brauch aus­rei­chend Mög­lich­kei­ten für eine Ent­schei­dung bie­ten. Die Ein­schät­zung näm­lich, was einen Miss­brauch bei der Aus­nut­zung der mark­be­herr­schen­den Stel­lung dar­stellt, hängt von einer Abwä­gung ab. Das bedeu­tet, die Behör­de muss eine Ent­schei­dung anhand der kon­kre­ten Inter­es­sen und Umstän­de tref­fen. Als Inter­es­sen kön­nen dabei wie­der­um die­je­ni­gen Prin­zi­pi­en in die Abwä­gung ein­be­zo­gen wer­den, die auch die Frei­heit des Wett­be­werbs betref­fen. Inso­weit kann dies auch das Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung tref­fen. Eine kar­tell­recht­li­che Abwä­gungs­ent­schei­dung kann hier­bei zu den­sel­ben Ergeb­nis­sen kom­men, wie die recht­li­chen Vor­ga­ben ande­rer außer-kar­tell­recht­li­cher Vor­schrif­ten, sofern die jewei­li­gen Inter­es­sen oder Schutz­zwe­cke kon­gru­ent sind.

Auf die­se Wei­se ist auch die von dem Bun­des­kar­tell­amt ange­führ­te Recht­spre­chung des BGH zunächst zu ver­ste­hen. Die­se nimmt näm­lich eben­so nicht einen Kon­di­tio­nen­miss­brauch durch jeden Rechts­ver­stoß an, wie in dem Wort „kann“ in der Ent­schei­dung „VBL-Gegen­wert I“ des BGH vom 6.11.2013 (Az.: KZR 58/11)deutlich wird. Viel­mehr kommt es immer noch auf eine ori­gi­när kar­tell­recht­li­che Wer­tung an. Aller­dings erwähnt die Behör­de auch, dass sie die Unan­ge­mes­sen­heit der Bedin­gun­gen anhand der gesetz­li­chen posi­ti­ven Wer­tun­gen „geprüft“ habe. Dies deu­tet wie­der­um wie­der auf eine akzes­so­ri­sche Bewer­tung hin. Ins­be­son­de­re ver­weist die Behör­de auch auf die Rege­lun­gen der DSGVO. War­um sie dann jedoch nicht gleich auch deren „Wer­tun­gen“ voll­stän­dig über­nom­men hat, wird nicht deut­lich. Die Behör­de scheint bei ihren Wer­tun­gen also „irgend­wie auch“ Daten­schutz­recht geprüft zu haben, aber ob die­se Prü­fung daten­schutz­recht­lich rechts­feh­ler­frei erfolg­te, kann ohne den Voll­text der Ent­schei­dung nicht bewer­tet wer­den. Niko Här­ting hat jeden­falls eben­so in einem ers­ten Kom­men­tar im CR-Blog star­ke Kri­tik an der daten­schutz­recht­li­chen Kon­sis­tenz der Ent­schei­dung des Bun­des­kar­tell­amts geübt.

Die Markt­stel­lung des Unter­neh­mens hat die Behör­de nicht mehr nur anhand von Markt­an­tei­len unter­sucht. Statt­des­sen unter­schei­det sie anhand qua­li­ta­ti­ver Merk­ma­le, vor allem der Akti­vi­tät der Nut­zer und der Nut­zer­an­tei­le. Das ist durch­aus nach­voll­zieh­bar, wenn man sich vor Augen hält, dass nicht die allein regis­trier­ten Nut­zer die beson­de­re Wir­kung eines Netz­werks aus­ma­chen. Ein beson­ders prä­gnan­tes Bei­spiel könn­ten die wahr­schein­lich noch zahl­rei­chen Nut­zer­kon­ten bei ehe­mals stark genutz­ten Platt­for­men wie zum Bei­spiel Stu­diVZ sein, die mitt­ler­wei­le jedoch eher unbe­deu­tend sind. Außer­dem sind gera­de die­se akti­ven Nut­zer der Fak­tor, der den Wert einer auf Reich­wei­te aus­ge­rich­te­ten Platt­form aus­ma­chen. Nach dem ergän­zen­den Papier der Behör­de zu dem Ver­fah­ren hat sie die Markt­stel­lung auch nach den in § 18 Abs. 3a GWB seit 2017 neu auf­ge­nom­me­nen Kri­te­ri­en bewertet.

Welche Konsequenzen hat diese Entscheidung nun für Facebook und die Nutzer?

Die Behör­de gibt Face­book nun ein Jahr Zeit, sein Geschäfts­mo­dell anzu­pas­sen und sei­ne Nut­zungs­be­din­gun­gen zu über­ar­bei­ten. Bereits in vier Mona­ten soll das Unter­neh­men jedoch ein Lösungs­kon­zept aus­ar­bei­ten und vor­le­gen. Das Unter­neh­men hat bereits ange­kün­digt, gegen die Ent­schei­dung des Bun­des­kar­tell­amts Beschwer­de beim OLG Düs­sel­dorf einzulegen.

Eine ers­te Ent­wick­lung hat sich auch bereits vor weni­gen Wochen ange­kün­digt. Face­book plant dem­nach laut öffent­li­chen Quel­len, die Nach­rich­ten­diens­te sei­ner ver­schie­de­nen Ange­bo­te zusam­men­zu­füh­ren. Das wür­de Whats­App, Insta­gram und Face­book also an sich bereits unter einem Dienst ver­ei­nen. Bleibt es bei der Ent­schei­dungs­pra­xis, dass die umfang­rei­chen Ver­ar­bei­tungs­spiel­räu­me außer­halb des Diens­tes einen Kon­di­tio­nen­miss­brauch dar­stel­len, so könn­te sie bereits mit die­sem ein­fa­chen Inte­gra­ti­ons­schritt umgan­gen wer­den. Aller­dings hat das Bun­des­kar­tell­amt auch schon klar­ge­stellt, dass eine Zusam­men­füh­rung auch nur mit einer Ein­wil­li­gung der Nut­zer erfol­gen kann.

Eine wei­te­re Fra­ge ergibt sich aus der Begrün­dungs­wei­se der Ent­schei­dung des Bun­des­kar­tell­amts. Wenn es näm­lich auch eine kar­tell­recht­li­che Bedeu­tung hat, ob und wie die Nut­zer in die umfang­rei­che Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten ein­ge­wil­ligt haben, bedeu­tet dies jeden­falls für markt­mäch­ti­ge Unter­neh­men einen zusätz­li­chen Prüf­auf­wand. Sie müs­sen also nicht nur die Vor­schrif­ten der DSGVO über die Recht­mä­ßig­keit vor allem einer Ein­wil­li­gung ein­hal­ten, son­dern eben­so eine eigen­stän­di­ge Abwä­gung ihrer kar­tell­recht­li­chen Risi­ken. Denn selbst wenn im Ein­zel­fall eine Ein­wil­li­gung daten­schutz­recht­lich zuläs­sig wäre, ist damit die Fra­ge der kar­tell­recht­li­chen Ange­mes­sen­heit noch nicht vor­weg­ge­nom­men. Dies sieht Face­book anders, wie aus sei­nem Ver­weis auf die umge­setz­te DSGVO deut­lich wird.

Über den Autor

Porträtbild von Dr. Sebastian Louven

Dr. Sebastian Louven

Ich bin seit 2016 selbstständiger Rechtsanwalt und berate vorwiegend zum Kartellrecht und Telekommunikationsrecht. Seit 2022 bin ich Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.

Weitere Artikel

Newsletter

Updates zum Kartell- und Telekommunikationsrecht